Dieses Lied vom „kleinen Tag“ ging mir in meiner letzten Butaweng oft durch den Kopf, der Text passt einfach:
Es geht nicht, dass ich bleib´,
mich ruft mein Stern.
Der Weg ist noch sehr weit,
ich geh´ nicht gern
Bald gibt´s ein Wiedersehen
Mit all´ den Lieben, die ich mag
ich muss zurück, mich ruft mein Stern
Abschied heißt, was neues kommt
und anderswo gibt’s ein „Hallo!“
Es geht nicht, dass ich bleib´,
mich ruft mein Stern.
Der Weg ist noch sehr weit,
ich geh´ nicht gern
Bald gibt´s ein Wiedersehen
Mit all´ den Lieben, die ich mag
ich muss zurück, mich ruft mein Stern
Abschied heißt, was neues kommt
und anderswo gibt’s ein „Hallo!“
Und auch, wenn dieser Abschied wirklich etwas neues heißt, fiel er mir unglaublich schwer.
Alles in Butaweng, in Papua Neuguinea ist einfach ein Teil von mir geworden und mich von all dem, was ich so lieben gelernt habe, zu trennen war wirklich nicht einfach.
Gut. Aber wollen wir da anfangen zu schreiben, wo ich letztes Mal aufgehört habe.
Auch den letzten Monat im Krankenhaus war wieder viel los.
Im Krankenhaus war ich nach wie vor zwei mal die Woche auf der Kinderstation zu Spielstunden, die waren nach wie vor das Highlight und die Seifenblasen waren jedes mal wieder das Größte.
Ansonsten war ich auf der Entbindungsstation beschäftigt. Dort hatte ich eine wirklich tolle Zeit, ich habe unglaublich viel gelernt und gesehen.
Von Reanimationen von Babys über normale Geburten bis hin zu Kaiserschnitten habe ich alles mitbekommen. Eine Art Mutterrolle habe ich für unser kleines Baby Rachel übernommen, die von den Krankenschwestern mit Pipetten gefüttert wurde(inzwischen nimmt sie sogar schon die Flasche!). Ihr Zwillingsbruder und ihre Mutter sind bei der Geburt ums Leben gekommen, sie war viel zu früh geboren und so klein, dass sie eigentlich gar nicht überleben hätte können, ist inzwischen aber sechs Monate alt und kräftig (sieht in etwa so aus wie ein Neugeborenes). Später haben wir dann rausgefunden, dass sie sogar am gleichen Tag Geburtstag hat wie ich J.
Geburten mitzuerleben war schön, jedes mal wieder fand ich es unglaublich, dass da dann plötzlich ein neues Lebewesen auf dem Bett lag.
Vor allem zu einer Mutter mit ihrem Baby hatte ich ein besonderes Verhältnis, dazu hier ein Zitat aus meinem Tagebuch: Ich kam morgens auf Ward 4, wo Schülerin Catherine, die gerade ein Praktikum macht war, und entschieden wurde, dass eine junge Frau zum Kaiserschnitt sollte. Wir haben mit der Frau geredet, sie fand es in Ordnung, in den OP zu gehen. Ihr Bruder kam herein (Ihr Mann war auf dem Dorf zu Hause geblieben), um das OP-Formular zu unterschreiben. Frauen alleine dürfen nicht über ihren Körper entscheiden, für jede Operation brauchen sie die Unterschrift von ihrem Mann, Vater oder einem sonstigen männlichen Familienangehörigen. Es wurde gebetet, dass bei der Operation alles gut geht und dann ging es los. Es ist schon komisch, wie der Arzt nur einmal in den Bauch greifen muss und dann plötzlich ein Baby in den Händen hält. Ein Junge. Dann haben sich die Leute überlegt, dass er nach mir benannt werden soll, aber das ginge ja nicht, weil er kein Mädchen war. Letztendlich haben wir uns dann darauf geeinigt, dass er Louis heißen soll, von meinem zweiten Namen Louise abgeleitet.
Mein inzwischen gutes Pidgin hat mir natürlich auch überall geholfen. Am 23. November schrieb ich in mein Tagebuch: Es ist schön und macht einfach Spaß, inzwischen Pidgin zu sprechen und auch mit den Patienten reden und Witze machen zu können. Auf die Stationen zu gehen und sich mit allen zu unterhalten macht mich und die anderen glücklich. Ich merke, dass alle mich wirklich mögen, über meine Späße, die ich beim Medizin geben mache, lachen, und das ist das Schönste.
Weiterhin habe ich endlich das Flötenprojekt mit den Blockflöten, die ich von der Firma Mollenhauer gespendet bekommen habe, durchgeführt.
Sonntags bin ich zur „Sundayschool" gegangen, wo alle noch nicht konfirmierten Kinder hingehen.
Dort wurde immer erst ein kleiner, kindergerechter Gottesdienst abgehalten, dann wurden die Kinder in drei verschiedene Altersgruppen aufgeteilt und Bibelgeschichten wurden vorgelesen, die danach bearbeitet werden. Das Flöten war für den Schluss geplant.
Da die Kinder aber so aufgeregt waren, weil sie nun Flöte lernen sollten, musste die Bibelgeschichte die letzten Wochen ausfallen, weil sie sich eh nicht konzentrieren hätten können.
Es war unglaublich zu sehen, wie musikalisch die Kinder sind: sie haben unglaublich kräftige Stimmen. In meinem Tagebuch steht folgendes über die erste Flötenstunde: Um kurz vor neun war ich da, ein paar Kinder und der Teacher waren auch schon da, hatten aber noch nicht angefangen. Es trudelten immer mehr ein und als genung da waren fing der Gottesdienst an. Es ist unglaublich, was für kräftige Stimmen die Kinder haben. So viele sind es nicht aber es dröhnt richtig in den Ohren. Es gab ein Gebetslied, danach haben sich alle auf den Boden gesetzt, der Lehrer hat so abgegriffene Zettel ausgeteilt, dass man sie eigentlich garnicht mehr lesen konnte, da es aber immer die gleichen sind, konnten die Kinder alles schon auswendig. Es gab sogar eine Kollekte. Alles war sehr kurz gehalten, gerecht für die Altersspanne von 12 bis zu 3 Jahren. Ein Psalm wurde vorgelesen, kurz darüber gesprochen. Danach gabe es einen Applaus für mich, weil ich gekommen war. Eigentlich wäre dann die Unterteilung in 3 Altersklassen gekommen, aber alle wollten sofort mit dem Flöten anfangen.
Erst war alles ein großes Chaos, alle quietschten durcheinander. Sobald ich aber etwas vormachte – erst einfach Rythmen nachmachen, ohne Fingersätze – ging es erstaunlich gut. Auch die Fingersätze verstanden alle sofort. Noten und ihre Namen habe ich den Kindern gar nicht erst beigebracht, sie lernen viel schneller durch einfach nachmachen.
Eine Gruppe, die von Anfang an so viel so gut umsetzen könnte, gäbe es in Deutschland nicht. Nach eineinhalb Stunden konnten die Kinder bereits das erste Lied mit vier verschiedenen Tönen, Viertel und Achtelnoten spielen.
Das Schönste war, dass als ich nach der Stunde zurück zum Wohnheim ging, vier der Mädchen da saßen und auf mich warteten. Sie wollten noch weiteterspielen. Also haben wir uns in die Küche gesetzt und weitergeübt. Von da an kamen die vier oft nachmittags einfach vorbei und wir haben neben den Sonntagsstunden noch extra Stunden gemacht. Das war sehr schön und sie können inzwischen wirklich viel.
Sehr nett war, dass ich zum großen „Abschlussessen“ vor Weihnachten von der Sundayschool dabei sein durfte. Ich wurde von einer Freundin, die auch viel bei der Sundayschool hilft, abgeholt,und wir sind zusammen zum Haus vom Lehrer gegangen. Es war das erste Mal, dass ich richtig über den Compound gelaufen bin und es war richtig nett. All die grünen Häuser, jedes hat einen kleinen Garten, ein Haus Win (Kochhaus). Überall sitzen Leute zusammen – man kennt eigentlich jeden. Wir kamen beim Lehrer an, es saßen schon viele Kinder im Garten. Es war einfach schön. Essen auf dem Tisch, noch abgedeckt. Und dann sitzt man da unter den Sternen und Palmen, die Kinder um einen herum spielen Gitarre und singen. Da fielen einem die Gedanken, bald weg zu müssen, schwer. Es war ein sehr schöner Abend.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei der Firma Mollenhauer bedanken, das Flötenprojekt hat mir und den Kindern viel gebracht und unheimlichen Spaß gemacht. Danke!
Ich könnte noch ewig so weiterschreiben. Über Geschichten aus dem Wohnheim, wo es nach wie vor einfach super war und ich mich zu Hause gefühlt habe. Über Ausflüge zusammen mit den Krankenschwestern zu Wasserfällen und in das Dorf der einen, wo wir ihre Familie besucht haben… Über einen Ausflug mit Hannes und Anton, der zu Besuch war, der noch einmal auf die paradiesische Insel Tami Island ging…aber es sind alles ähnliche Erlebnisse wie die, die ich auch die letzten Monate gemacht habe und ich würde mich wiederholen.
Das einzige, was einen Schatten über meine letzte Zeit warf, war, dass es Kämpfe in Lae gab, die zwischen den Morobe Leuten (Finschhafen liegt in der Morobe Provinz) und den Leuten aus dem Hochland stattfanden.
Da Butaweng ja in der Morobe Provinz liegt, wurde entschieden, dass alle Angestellten des Krankenhauses, die aus dem Hochland kommen, ausgeflogen werden sollten, es sei zu gefährlich für sie.
Da all das in einer geheimen Nachtaktion passierte, konnte ich mich von vielen mir wichtigen Menschen nicht richtig verabschieden, das war schade und schwer für mich. Auch die Schule wurde kurzfristig geschlossen, wodurch die Nummer der Mädchen, die mit mir im Wohnheim wohnten von etwa 30 auf 3 schrumpfte, auch das war nicht einfach.
Aber vielleicht hat mir das den Abschied auch etwas leichter gemacht, als ich dann ging musste ich nicht so vielen Leuten „Tschüß“ sagen, es waren nicht mehr so viele da. Die letzte Woche wurde ich aber trotzdem schon sehr wehmütig, am 11.12. schrieb ich in mein Tagebuch: Auf dem Rückweg ist mir nochmal bewusst geworden, wie sehr ich mich in dieses Dorf mit seinen Leuten verliebt habe. Es ist mein Butaweng. Über die Swinging Bridge, dann die Straße entlang, links Gärten und grüne Häuser, rechts die riesen hohen Palmen am Wegrand. Man kennt jeden zweiten, dem man begegnet, alle begrüßen einen. Zwei Patienten bleiben stehen, unterhalten sich kurz mit mir. Dann geht es über das Feld, rechts wird Volleyball gespielt, weiter vorne Basketball, links manchmal Fußball. Ein Treffpunkt, viele sitzen herum und gucken zu. Quer rueber, Frauen, die vom Markt kommen, mit Bananenstauden auf dem Kopf kommen einem entgegen. Sie gruessen freundlich, versprechen, bevor ich fahre noche einmal zum Tschuess sagen zu kommen. Weiter aufs Krankenhausgelaende. Rechts in den Dorm, Henny sitzt kochend am Feuer, Doris roedelt in der Kueche und Lydia ist arbeiten, Nachmittags-Schicht.
Bei meiner offiziellen Verabschiedung in der Morning Devotion, mit dem gesamten Krankenhaus Staff flossen schon reichlich Traenen. Ich habe allen noch eine Postkarte und einen Schmetterling (wie ihn auch die Kinder auf der Station bekommen haben), geschenkt.
Fuer den letzten Abend, den ich in Butaweng war, haben sich die drei Krankenschwestern, die im Wohnheim noch uebrig geblieben waren, richtig ins Zeug gelegt.
Ich wusste, dass es noch einmal etwas groesseres zu Essen geben wuerde.
Was mich dann erwartete, hatte ich aber nicht gedacht: In der Kueche war ein richtiges "Fairwell-Dinner" gemacht.
Hinten an der Wand hing, zwischen Luftballons, ein Brief von den dreien, darunter ein sehr schoen mit Tuechern, Blumen und Palmenwedeln geschmueckter Tisch. Berge von Essen darauf. Berge. Reis, Suesskartoffeln, Taro, verschiedene Arten von Blattgemuese, Erdnuesse, Ananas, Pudding, in Kokosnussmilch gekochte Bananen, zum Trinken Saft und Kokosnussmilch.
Als Lydia zur Pause kam (sie hatte Abends-Schicht), sollte gegessen werden.
Vorher habe ich noch meine Abschiedsgeschenke verteilt. Der Weihnachtsschmuck (kitschiger ging es nicht) war der Hit - der Plan war dann, dass sie die Kueche erst einmal richtig suaber machen und dann schmuecken.
Jeder bekam ein laminiertes Papier mit ausgedruckten Fotos darauf und ich habe die Klamotten, die ich nicht wieder mit zurueck in Deutschland nehme, verteilt.
Es wurde gebetet, sich bedankt, dass Gott mich gischickt hatte. Es wurde sich fuer alles entschuldigt, was sie wohlmoeglich falsch gemacht haben, waehrend ich dort war.
Dann wurde gegessen. Sehr lecker. Es war einfach schoen zu sehen, wie viel Muehe die drei sich gegeben hatten.
Zwischendurch kamen Leute vorbei, um sichzu verabschieden. Ich wurde mit Geschenken wie Muschelschmuck und vor allem Bilums zugedeckt.
Spaeter sassen wir noch in der Kueche, haben Zeitung gelesen und uns unterhalten.
Irgendwann ist Henny dann auch schlafen gegangen. Doris und ich haben noch die Kueche aufgeraeumt und uns dann raus auf den Zement vor Doreens Tuer gesetzt.
Da wurde ich dann schon richtig wehmuetig.
Die Palmen im Mondlicht vor einem, das Grillenzirpen, die jetzt angenehm warme Sommerluft. Die Abende in Butaweng waren schon etwas besonderes.
Ja, und dann liegt man da einfach, guckt sich den Mond, die Millionen Sterne an, hat die liebsten Menschen bei sich. Vor einem liegt das Krankenhaus, still und friedlich in der Nacht.
Es war ein ruhiger, schoener letzter Abend.
Der letzte Tag wurde dann sehr emotional, nachmittags sollte ich mit dem Schiff von Buki bis Lae fahren, wo ich dann ins Flugzeug stieg.
Vormittags kamen noch mehr Leute mit Abschiedsgeschenken vorbei, es war eine ganz komische Stimmung. Immer wieder kam jemand und ging dann weinend wieder zurueck (wie man sieht: in PNG wird sehr offen getrauert und viel geweint).
Kurz bevor Sigrid und Hannes mich abholten, um zum Anleger zu fahren, machte ich noch eine letzte Abschiedsrunde durchs Krankenhaus. Das war vielleicht der schlimmste Moment fuer mich.
Erst Ward 3, die Kinderstation. Nane, eine sehr gute Freundin von mir hatte Dienst. Ich bin von Bett zu Bett gegangen, habe allen Tschuess gesagt. Als die Leute dann begriffen, worum es ging, kamen alle und umzingelten mich, haben mir tausend mal die Haende geschuettelt, mir eine gute und sichere Reise gewuenscht und dass Gott mich behuete. Von Baby Rachel war die Trennung besonders schwer.
Es war ein Gewusel um mich, Tschuess und God bles und laikim yu.
Die naechste Station war Ward 4, Entbindungsstation. Dort sassen Krankenschwester Kipuo und Schuelerin Catherine. Ich sass noch kurz bei ihnen, eine dritte Krankenschwester kam dazu. Alles war so schoen und gleichzeitig so traurig.
Als ich dann wieder rausging, schuettelte ich allen Frauen, die draussen sassen (Familienangehoerige der Kranken), die Haende. Irgenwann rief die Eine dann den Gang auf ihrer Dorfsprache herunter, dass ich ganz und gar weggehe, woraufhin alle aufsprangen. Sechs aeltere Fauen oder mehr umringten mich ploetzlich, wollten mir alle die Hand schuetteln, mich umarmen, versicherten, dass sie mich lieb haben. Manche hatte ich nohc nie gesehen, die Herzlichkeit ist unglaublich gewesen.
Die Szene war wie in einem Film. Janneke in ihrer traditionellen Meri Blaus, mit den Traenen kaempfend. Alle Mamas drum herum, aufgeregt. Alle waren enttaeuscht, dass ich nicht vorher Bescheid gesagt hatte, uns sie mir also kein Abschiedsgeschenk machen konnten.
Manche gaben mir dann ihre eigenen Bilums, um mir wenigstens etwas zu geben. Mir war es unangenehm, von Menschen, die ich garnicht kanne Abschiedsgeschenke zu bekommen. In der Kultur dort ist das aber normal.
Dann ging es los nach Buki zum Faehranleger. Hinten auf der Ladeflaeche sassen so viele Krankenhausangestellte wie nur moeglich, um mich hinzubringen.
Als wir ankamen, war das Schiff noch nichtzu sehen, also gingen wir noch einmal ueber den Markt, viele waren begeisstert, dass Lydia, Doris und ich das gleiche Oberteil trugen. Auch Lydias Mutter kam, um sich von mir zu verabschieden. Kipuo hat mir ganz suess eine Tuete mit Reiseproviant gekauft-Popcorn, Chips, eine Banane.
Als das Schiff dan ankam, ging alles ganz schnell. Viele Traenen flossen. Das schlimmste war, als das Schiff dan abfuhr und die Leute langsam kleiner wurden.
Die meisten werde ich wohl nicht wiedersehen. So lieb ich sie auch habe. Und auch das Kontakthalten wird sehr schwer sein, keiner von ihnen hat Internet.
Ein letztes Mal sah ich Buki, fur an Dreger vorbei... und man ist doch nie alleine in diesem Land, irgendwer steht immer neben einem, sagt "sori" und ist einfach da. Auch, wenn man ihn nicht kennt.
In Lae angekommen lag gerade ein Schiff, das nach Siassi fahren sollte am Platz unseres Schiffes. Also stellten wir uns direkt davor und man ging durch zwei Schiffe an Land.
Ich wurde von Nadja vom NMZ abgeholt und war noch fuer 4 Tage in Ampo, dem lutherischen Viertel untergebracht.
Die vier Tage waren gut, um erst einmal etwas Abstand von Butaweng zu bekommen, bevor ich dann auch das Land verliess.
Es waren ruhige Tage mit viel Zeit zum Nachdenken.
Einen Tag wurde ich von einer Schuelerin, die in Butaweng zur Schule geht, aber in Lae wohnt, abgeholt und wir sind zu einer Krokodilfarm gefahren. In meinem Tagebuch steht ueber den Tag folgendes: Eigentlich sollt Grace mich abholen, uim 8. Sie kam um halb elf aber naja. Karen sollte eigentlich auch mit, allerdings hatte sie nicht genug Geld, um den Bus zu bezahlen und sollte aufs Haus aufpassen. Also war ich mit Grace und irgendeiner Verwandten von ihr unterwegs.
Vor Ampo nahmen wir den ersten PMV (oeffentliches Verkehrsmittel), bis in dei Stadt.
Da waren wir dann auf dem Markt, kauften uns ein kleines Piknik, Trinkkokosnuss, Passionsfrucht, Erdnuesse und Gurken.
Es bringt einfach riesigen Spass, zusammen mit den Einheimischen durch die Stadt zu gehen, mit oeffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Die Stimmung ist einfach noch einmal anders. Die Musik im PMV, das Geld, das irgendwie von hinten nach vorne gereicht wird, um "Bustickets" zu bezahlen, der Staub, die Schlagloecher. Die Frauen, die sich so unglaublich ueber mein Pidgin freuen.
Man fuehlt sich zur Kultur dazugehoerig.
Bei der Krokodilfarm hiess es erst, wier koennen nicht rien, da wir nicht angemeldet waren. Aber, als wir erzaehlt haben, ich wuerde uebermorgen das Land verlassen, haben wir dann eine Privatfuehrung bekommen.
Wir warteten vorne mit einer jungen Frau und einem jungen Mann, die ein kleines Krokodil im Rucksack hatten, dass sie verkaufen wollten. Hatten sie im Fluss gefangen.
Die Fuehrung war gut. Wieder ein schoener Tag.
Den Abflugtag ging es mir garnicht gut. Ich bekam noch 1000 Anrufe, Grace kam nocheinmal vorbei, um Tschuess zu sagen.
In Lae wurde unser Flug dann gekaenzelt, es wurde aber nicht fuer noetig gehalten, die Passagiere zu informieren. Auch das ist typisch PNG. Wir sind dann aber doch mit einer Ersatzmaschine nach Port Moresby gekommen.
Von da aus ging es weiter nach Cairns. Ueber den Flug habe ich aufgeschrieben: Das restliche Handyguthaben verbrauchte ich von Moresby aus. Allen noch einmal Tschuess sagen: Doris, Mossie, die auch ihre Mama nochmal ans Telefon holte, dann Nane. Dann war zu Ende. Schluss aus. Tschuess. Das habe ich erst im Flugzeig begriffen. Abgehoben. Papua Neuguinea verlassen. Weg. Fuer wie lange? Ich werde wiederkommen, das steht fest. Das habe ich mir und dem Land versprochen. Nur wann? Das weiss niemand. Es tat so weh, in die Luft zu steigen und alles so geliebte, inzwischen so vertraute hinter sich zu lassen.
Es war also ein schwerer, traenenreicher Abschied. Aber, was ich mir immer sage ist:
"Man muss nicht traurig sein, weil es zu Ende ist, sondern froh, weil es passiert ist.".
An dieser Stelle moechte ich nochmals allen, die mir diese Zeit moeglich gemacht haben, bedanken. Es war eine unglaubliche Erfahrung, von der ich mein Leben lang etwas haben werde. Danke!
Jetzt bin ich seit 5 Wochen in Australien. Am Anfang war es ein grosser Schock, wieder in die Zivilisation zu kommen und ich hatte grosse Probleme, mich in den lauten, grossen, hektischen Staedten wohlzufuehlen und zurechtzufinden. Relativ schnell habe ich mich aber wieder an alles gewoehnt.
Ab naechster Woche werde ich dann wieder in Hamburg anzutreffen sein.
Ganz liebe Gruesse und bis bald! Janneke :)
Alles in Butaweng, in Papua Neuguinea ist einfach ein Teil von mir geworden und mich von all dem, was ich so lieben gelernt habe, zu trennen war wirklich nicht einfach.
Gut. Aber wollen wir da anfangen zu schreiben, wo ich letztes Mal aufgehört habe.
Auch den letzten Monat im Krankenhaus war wieder viel los.
Im Krankenhaus war ich nach wie vor zwei mal die Woche auf der Kinderstation zu Spielstunden, die waren nach wie vor das Highlight und die Seifenblasen waren jedes mal wieder das Größte.
Ansonsten war ich auf der Entbindungsstation beschäftigt. Dort hatte ich eine wirklich tolle Zeit, ich habe unglaublich viel gelernt und gesehen.
Von Reanimationen von Babys über normale Geburten bis hin zu Kaiserschnitten habe ich alles mitbekommen. Eine Art Mutterrolle habe ich für unser kleines Baby Rachel übernommen, die von den Krankenschwestern mit Pipetten gefüttert wurde(inzwischen nimmt sie sogar schon die Flasche!). Ihr Zwillingsbruder und ihre Mutter sind bei der Geburt ums Leben gekommen, sie war viel zu früh geboren und so klein, dass sie eigentlich gar nicht überleben hätte können, ist inzwischen aber sechs Monate alt und kräftig (sieht in etwa so aus wie ein Neugeborenes). Später haben wir dann rausgefunden, dass sie sogar am gleichen Tag Geburtstag hat wie ich J.
Geburten mitzuerleben war schön, jedes mal wieder fand ich es unglaublich, dass da dann plötzlich ein neues Lebewesen auf dem Bett lag.
Vor allem zu einer Mutter mit ihrem Baby hatte ich ein besonderes Verhältnis, dazu hier ein Zitat aus meinem Tagebuch: Ich kam morgens auf Ward 4, wo Schülerin Catherine, die gerade ein Praktikum macht war, und entschieden wurde, dass eine junge Frau zum Kaiserschnitt sollte. Wir haben mit der Frau geredet, sie fand es in Ordnung, in den OP zu gehen. Ihr Bruder kam herein (Ihr Mann war auf dem Dorf zu Hause geblieben), um das OP-Formular zu unterschreiben. Frauen alleine dürfen nicht über ihren Körper entscheiden, für jede Operation brauchen sie die Unterschrift von ihrem Mann, Vater oder einem sonstigen männlichen Familienangehörigen. Es wurde gebetet, dass bei der Operation alles gut geht und dann ging es los. Es ist schon komisch, wie der Arzt nur einmal in den Bauch greifen muss und dann plötzlich ein Baby in den Händen hält. Ein Junge. Dann haben sich die Leute überlegt, dass er nach mir benannt werden soll, aber das ginge ja nicht, weil er kein Mädchen war. Letztendlich haben wir uns dann darauf geeinigt, dass er Louis heißen soll, von meinem zweiten Namen Louise abgeleitet.
Mein inzwischen gutes Pidgin hat mir natürlich auch überall geholfen. Am 23. November schrieb ich in mein Tagebuch: Es ist schön und macht einfach Spaß, inzwischen Pidgin zu sprechen und auch mit den Patienten reden und Witze machen zu können. Auf die Stationen zu gehen und sich mit allen zu unterhalten macht mich und die anderen glücklich. Ich merke, dass alle mich wirklich mögen, über meine Späße, die ich beim Medizin geben mache, lachen, und das ist das Schönste.
Weiterhin habe ich endlich das Flötenprojekt mit den Blockflöten, die ich von der Firma Mollenhauer gespendet bekommen habe, durchgeführt.
Sonntags bin ich zur „Sundayschool" gegangen, wo alle noch nicht konfirmierten Kinder hingehen.
Dort wurde immer erst ein kleiner, kindergerechter Gottesdienst abgehalten, dann wurden die Kinder in drei verschiedene Altersgruppen aufgeteilt und Bibelgeschichten wurden vorgelesen, die danach bearbeitet werden. Das Flöten war für den Schluss geplant.
Da die Kinder aber so aufgeregt waren, weil sie nun Flöte lernen sollten, musste die Bibelgeschichte die letzten Wochen ausfallen, weil sie sich eh nicht konzentrieren hätten können.
Es war unglaublich zu sehen, wie musikalisch die Kinder sind: sie haben unglaublich kräftige Stimmen. In meinem Tagebuch steht folgendes über die erste Flötenstunde: Um kurz vor neun war ich da, ein paar Kinder und der Teacher waren auch schon da, hatten aber noch nicht angefangen. Es trudelten immer mehr ein und als genung da waren fing der Gottesdienst an. Es ist unglaublich, was für kräftige Stimmen die Kinder haben. So viele sind es nicht aber es dröhnt richtig in den Ohren. Es gab ein Gebetslied, danach haben sich alle auf den Boden gesetzt, der Lehrer hat so abgegriffene Zettel ausgeteilt, dass man sie eigentlich garnicht mehr lesen konnte, da es aber immer die gleichen sind, konnten die Kinder alles schon auswendig. Es gab sogar eine Kollekte. Alles war sehr kurz gehalten, gerecht für die Altersspanne von 12 bis zu 3 Jahren. Ein Psalm wurde vorgelesen, kurz darüber gesprochen. Danach gabe es einen Applaus für mich, weil ich gekommen war. Eigentlich wäre dann die Unterteilung in 3 Altersklassen gekommen, aber alle wollten sofort mit dem Flöten anfangen.
Erst war alles ein großes Chaos, alle quietschten durcheinander. Sobald ich aber etwas vormachte – erst einfach Rythmen nachmachen, ohne Fingersätze – ging es erstaunlich gut. Auch die Fingersätze verstanden alle sofort. Noten und ihre Namen habe ich den Kindern gar nicht erst beigebracht, sie lernen viel schneller durch einfach nachmachen.
Eine Gruppe, die von Anfang an so viel so gut umsetzen könnte, gäbe es in Deutschland nicht. Nach eineinhalb Stunden konnten die Kinder bereits das erste Lied mit vier verschiedenen Tönen, Viertel und Achtelnoten spielen.
Das Schönste war, dass als ich nach der Stunde zurück zum Wohnheim ging, vier der Mädchen da saßen und auf mich warteten. Sie wollten noch weiteterspielen. Also haben wir uns in die Küche gesetzt und weitergeübt. Von da an kamen die vier oft nachmittags einfach vorbei und wir haben neben den Sonntagsstunden noch extra Stunden gemacht. Das war sehr schön und sie können inzwischen wirklich viel.
Sehr nett war, dass ich zum großen „Abschlussessen“ vor Weihnachten von der Sundayschool dabei sein durfte. Ich wurde von einer Freundin, die auch viel bei der Sundayschool hilft, abgeholt,und wir sind zusammen zum Haus vom Lehrer gegangen. Es war das erste Mal, dass ich richtig über den Compound gelaufen bin und es war richtig nett. All die grünen Häuser, jedes hat einen kleinen Garten, ein Haus Win (Kochhaus). Überall sitzen Leute zusammen – man kennt eigentlich jeden. Wir kamen beim Lehrer an, es saßen schon viele Kinder im Garten. Es war einfach schön. Essen auf dem Tisch, noch abgedeckt. Und dann sitzt man da unter den Sternen und Palmen, die Kinder um einen herum spielen Gitarre und singen. Da fielen einem die Gedanken, bald weg zu müssen, schwer. Es war ein sehr schöner Abend.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei der Firma Mollenhauer bedanken, das Flötenprojekt hat mir und den Kindern viel gebracht und unheimlichen Spaß gemacht. Danke!
Ich könnte noch ewig so weiterschreiben. Über Geschichten aus dem Wohnheim, wo es nach wie vor einfach super war und ich mich zu Hause gefühlt habe. Über Ausflüge zusammen mit den Krankenschwestern zu Wasserfällen und in das Dorf der einen, wo wir ihre Familie besucht haben… Über einen Ausflug mit Hannes und Anton, der zu Besuch war, der noch einmal auf die paradiesische Insel Tami Island ging…aber es sind alles ähnliche Erlebnisse wie die, die ich auch die letzten Monate gemacht habe und ich würde mich wiederholen.
Das einzige, was einen Schatten über meine letzte Zeit warf, war, dass es Kämpfe in Lae gab, die zwischen den Morobe Leuten (Finschhafen liegt in der Morobe Provinz) und den Leuten aus dem Hochland stattfanden.
Da Butaweng ja in der Morobe Provinz liegt, wurde entschieden, dass alle Angestellten des Krankenhauses, die aus dem Hochland kommen, ausgeflogen werden sollten, es sei zu gefährlich für sie.
Da all das in einer geheimen Nachtaktion passierte, konnte ich mich von vielen mir wichtigen Menschen nicht richtig verabschieden, das war schade und schwer für mich. Auch die Schule wurde kurzfristig geschlossen, wodurch die Nummer der Mädchen, die mit mir im Wohnheim wohnten von etwa 30 auf 3 schrumpfte, auch das war nicht einfach.
Aber vielleicht hat mir das den Abschied auch etwas leichter gemacht, als ich dann ging musste ich nicht so vielen Leuten „Tschüß“ sagen, es waren nicht mehr so viele da. Die letzte Woche wurde ich aber trotzdem schon sehr wehmütig, am 11.12. schrieb ich in mein Tagebuch: Auf dem Rückweg ist mir nochmal bewusst geworden, wie sehr ich mich in dieses Dorf mit seinen Leuten verliebt habe. Es ist mein Butaweng. Über die Swinging Bridge, dann die Straße entlang, links Gärten und grüne Häuser, rechts die riesen hohen Palmen am Wegrand. Man kennt jeden zweiten, dem man begegnet, alle begrüßen einen. Zwei Patienten bleiben stehen, unterhalten sich kurz mit mir. Dann geht es über das Feld, rechts wird Volleyball gespielt, weiter vorne Basketball, links manchmal Fußball. Ein Treffpunkt, viele sitzen herum und gucken zu. Quer rueber, Frauen, die vom Markt kommen, mit Bananenstauden auf dem Kopf kommen einem entgegen. Sie gruessen freundlich, versprechen, bevor ich fahre noche einmal zum Tschuess sagen zu kommen. Weiter aufs Krankenhausgelaende. Rechts in den Dorm, Henny sitzt kochend am Feuer, Doris roedelt in der Kueche und Lydia ist arbeiten, Nachmittags-Schicht.
Bei meiner offiziellen Verabschiedung in der Morning Devotion, mit dem gesamten Krankenhaus Staff flossen schon reichlich Traenen. Ich habe allen noch eine Postkarte und einen Schmetterling (wie ihn auch die Kinder auf der Station bekommen haben), geschenkt.
Fuer den letzten Abend, den ich in Butaweng war, haben sich die drei Krankenschwestern, die im Wohnheim noch uebrig geblieben waren, richtig ins Zeug gelegt.
Ich wusste, dass es noch einmal etwas groesseres zu Essen geben wuerde.
Was mich dann erwartete, hatte ich aber nicht gedacht: In der Kueche war ein richtiges "Fairwell-Dinner" gemacht.
Hinten an der Wand hing, zwischen Luftballons, ein Brief von den dreien, darunter ein sehr schoen mit Tuechern, Blumen und Palmenwedeln geschmueckter Tisch. Berge von Essen darauf. Berge. Reis, Suesskartoffeln, Taro, verschiedene Arten von Blattgemuese, Erdnuesse, Ananas, Pudding, in Kokosnussmilch gekochte Bananen, zum Trinken Saft und Kokosnussmilch.
Als Lydia zur Pause kam (sie hatte Abends-Schicht), sollte gegessen werden.
Vorher habe ich noch meine Abschiedsgeschenke verteilt. Der Weihnachtsschmuck (kitschiger ging es nicht) war der Hit - der Plan war dann, dass sie die Kueche erst einmal richtig suaber machen und dann schmuecken.
Jeder bekam ein laminiertes Papier mit ausgedruckten Fotos darauf und ich habe die Klamotten, die ich nicht wieder mit zurueck in Deutschland nehme, verteilt.
Es wurde gebetet, sich bedankt, dass Gott mich gischickt hatte. Es wurde sich fuer alles entschuldigt, was sie wohlmoeglich falsch gemacht haben, waehrend ich dort war.
Dann wurde gegessen. Sehr lecker. Es war einfach schoen zu sehen, wie viel Muehe die drei sich gegeben hatten.
Zwischendurch kamen Leute vorbei, um sichzu verabschieden. Ich wurde mit Geschenken wie Muschelschmuck und vor allem Bilums zugedeckt.
Spaeter sassen wir noch in der Kueche, haben Zeitung gelesen und uns unterhalten.
Irgendwann ist Henny dann auch schlafen gegangen. Doris und ich haben noch die Kueche aufgeraeumt und uns dann raus auf den Zement vor Doreens Tuer gesetzt.
Da wurde ich dann schon richtig wehmuetig.
Die Palmen im Mondlicht vor einem, das Grillenzirpen, die jetzt angenehm warme Sommerluft. Die Abende in Butaweng waren schon etwas besonderes.
Ja, und dann liegt man da einfach, guckt sich den Mond, die Millionen Sterne an, hat die liebsten Menschen bei sich. Vor einem liegt das Krankenhaus, still und friedlich in der Nacht.
Es war ein ruhiger, schoener letzter Abend.
Der letzte Tag wurde dann sehr emotional, nachmittags sollte ich mit dem Schiff von Buki bis Lae fahren, wo ich dann ins Flugzeug stieg.
Vormittags kamen noch mehr Leute mit Abschiedsgeschenken vorbei, es war eine ganz komische Stimmung. Immer wieder kam jemand und ging dann weinend wieder zurueck (wie man sieht: in PNG wird sehr offen getrauert und viel geweint).
Kurz bevor Sigrid und Hannes mich abholten, um zum Anleger zu fahren, machte ich noch eine letzte Abschiedsrunde durchs Krankenhaus. Das war vielleicht der schlimmste Moment fuer mich.
Erst Ward 3, die Kinderstation. Nane, eine sehr gute Freundin von mir hatte Dienst. Ich bin von Bett zu Bett gegangen, habe allen Tschuess gesagt. Als die Leute dann begriffen, worum es ging, kamen alle und umzingelten mich, haben mir tausend mal die Haende geschuettelt, mir eine gute und sichere Reise gewuenscht und dass Gott mich behuete. Von Baby Rachel war die Trennung besonders schwer.
Es war ein Gewusel um mich, Tschuess und God bles und laikim yu.
Die naechste Station war Ward 4, Entbindungsstation. Dort sassen Krankenschwester Kipuo und Schuelerin Catherine. Ich sass noch kurz bei ihnen, eine dritte Krankenschwester kam dazu. Alles war so schoen und gleichzeitig so traurig.
Als ich dann wieder rausging, schuettelte ich allen Frauen, die draussen sassen (Familienangehoerige der Kranken), die Haende. Irgenwann rief die Eine dann den Gang auf ihrer Dorfsprache herunter, dass ich ganz und gar weggehe, woraufhin alle aufsprangen. Sechs aeltere Fauen oder mehr umringten mich ploetzlich, wollten mir alle die Hand schuetteln, mich umarmen, versicherten, dass sie mich lieb haben. Manche hatte ich nohc nie gesehen, die Herzlichkeit ist unglaublich gewesen.
Die Szene war wie in einem Film. Janneke in ihrer traditionellen Meri Blaus, mit den Traenen kaempfend. Alle Mamas drum herum, aufgeregt. Alle waren enttaeuscht, dass ich nicht vorher Bescheid gesagt hatte, uns sie mir also kein Abschiedsgeschenk machen konnten.
Manche gaben mir dann ihre eigenen Bilums, um mir wenigstens etwas zu geben. Mir war es unangenehm, von Menschen, die ich garnicht kanne Abschiedsgeschenke zu bekommen. In der Kultur dort ist das aber normal.
Dann ging es los nach Buki zum Faehranleger. Hinten auf der Ladeflaeche sassen so viele Krankenhausangestellte wie nur moeglich, um mich hinzubringen.
Als wir ankamen, war das Schiff noch nichtzu sehen, also gingen wir noch einmal ueber den Markt, viele waren begeisstert, dass Lydia, Doris und ich das gleiche Oberteil trugen. Auch Lydias Mutter kam, um sich von mir zu verabschieden. Kipuo hat mir ganz suess eine Tuete mit Reiseproviant gekauft-Popcorn, Chips, eine Banane.
Als das Schiff dan ankam, ging alles ganz schnell. Viele Traenen flossen. Das schlimmste war, als das Schiff dan abfuhr und die Leute langsam kleiner wurden.
Die meisten werde ich wohl nicht wiedersehen. So lieb ich sie auch habe. Und auch das Kontakthalten wird sehr schwer sein, keiner von ihnen hat Internet.
Ein letztes Mal sah ich Buki, fur an Dreger vorbei... und man ist doch nie alleine in diesem Land, irgendwer steht immer neben einem, sagt "sori" und ist einfach da. Auch, wenn man ihn nicht kennt.
In Lae angekommen lag gerade ein Schiff, das nach Siassi fahren sollte am Platz unseres Schiffes. Also stellten wir uns direkt davor und man ging durch zwei Schiffe an Land.
Ich wurde von Nadja vom NMZ abgeholt und war noch fuer 4 Tage in Ampo, dem lutherischen Viertel untergebracht.
Die vier Tage waren gut, um erst einmal etwas Abstand von Butaweng zu bekommen, bevor ich dann auch das Land verliess.
Es waren ruhige Tage mit viel Zeit zum Nachdenken.
Einen Tag wurde ich von einer Schuelerin, die in Butaweng zur Schule geht, aber in Lae wohnt, abgeholt und wir sind zu einer Krokodilfarm gefahren. In meinem Tagebuch steht ueber den Tag folgendes: Eigentlich sollt Grace mich abholen, uim 8. Sie kam um halb elf aber naja. Karen sollte eigentlich auch mit, allerdings hatte sie nicht genug Geld, um den Bus zu bezahlen und sollte aufs Haus aufpassen. Also war ich mit Grace und irgendeiner Verwandten von ihr unterwegs.
Vor Ampo nahmen wir den ersten PMV (oeffentliches Verkehrsmittel), bis in dei Stadt.
Da waren wir dann auf dem Markt, kauften uns ein kleines Piknik, Trinkkokosnuss, Passionsfrucht, Erdnuesse und Gurken.
Es bringt einfach riesigen Spass, zusammen mit den Einheimischen durch die Stadt zu gehen, mit oeffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Die Stimmung ist einfach noch einmal anders. Die Musik im PMV, das Geld, das irgendwie von hinten nach vorne gereicht wird, um "Bustickets" zu bezahlen, der Staub, die Schlagloecher. Die Frauen, die sich so unglaublich ueber mein Pidgin freuen.
Man fuehlt sich zur Kultur dazugehoerig.
Bei der Krokodilfarm hiess es erst, wier koennen nicht rien, da wir nicht angemeldet waren. Aber, als wir erzaehlt haben, ich wuerde uebermorgen das Land verlassen, haben wir dann eine Privatfuehrung bekommen.
Wir warteten vorne mit einer jungen Frau und einem jungen Mann, die ein kleines Krokodil im Rucksack hatten, dass sie verkaufen wollten. Hatten sie im Fluss gefangen.
Die Fuehrung war gut. Wieder ein schoener Tag.
Den Abflugtag ging es mir garnicht gut. Ich bekam noch 1000 Anrufe, Grace kam nocheinmal vorbei, um Tschuess zu sagen.
In Lae wurde unser Flug dann gekaenzelt, es wurde aber nicht fuer noetig gehalten, die Passagiere zu informieren. Auch das ist typisch PNG. Wir sind dann aber doch mit einer Ersatzmaschine nach Port Moresby gekommen.
Von da aus ging es weiter nach Cairns. Ueber den Flug habe ich aufgeschrieben: Das restliche Handyguthaben verbrauchte ich von Moresby aus. Allen noch einmal Tschuess sagen: Doris, Mossie, die auch ihre Mama nochmal ans Telefon holte, dann Nane. Dann war zu Ende. Schluss aus. Tschuess. Das habe ich erst im Flugzeig begriffen. Abgehoben. Papua Neuguinea verlassen. Weg. Fuer wie lange? Ich werde wiederkommen, das steht fest. Das habe ich mir und dem Land versprochen. Nur wann? Das weiss niemand. Es tat so weh, in die Luft zu steigen und alles so geliebte, inzwischen so vertraute hinter sich zu lassen.
Es war also ein schwerer, traenenreicher Abschied. Aber, was ich mir immer sage ist:
"Man muss nicht traurig sein, weil es zu Ende ist, sondern froh, weil es passiert ist.".
An dieser Stelle moechte ich nochmals allen, die mir diese Zeit moeglich gemacht haben, bedanken. Es war eine unglaubliche Erfahrung, von der ich mein Leben lang etwas haben werde. Danke!
Jetzt bin ich seit 5 Wochen in Australien. Am Anfang war es ein grosser Schock, wieder in die Zivilisation zu kommen und ich hatte grosse Probleme, mich in den lauten, grossen, hektischen Staedten wohlzufuehlen und zurechtzufinden. Relativ schnell habe ich mich aber wieder an alles gewoehnt.
Ab naechster Woche werde ich dann wieder in Hamburg anzutreffen sein.
Ganz liebe Gruesse und bis bald! Janneke :)