Dienstag, 17. Januar 2012

Es geht nicht, dass ich bleib', mich ruft mein Stern

Dieses Lied vom  „kleinen Tag“ ging mir in meiner letzten Butaweng oft durch den Kopf, der Text passt einfach:

Es geht nicht, dass ich bleib´,
mich ruft mein Stern.
Der Weg ist noch sehr weit,
ich geh´ nicht gern

Bald gibt´s ein Wiedersehen
Mit all´ den Lieben, die ich mag
ich muss zurück, mich ruft mein Stern

Abschied heißt, was neues kommt
und anderswo gibt’s ein „Hallo!“




Und auch, wenn dieser Abschied wirklich  etwas neues heißt, fiel er mir unglaublich schwer.
Alles in Butaweng, in Papua Neuguinea ist einfach ein Teil von mir geworden und mich von all dem, was ich so lieben gelernt habe, zu trennen war wirklich nicht einfach.
Gut. Aber wollen wir da anfangen zu schreiben, wo ich letztes Mal aufgehört habe.
Auch den letzten Monat im Krankenhaus war wieder viel los.

Im Krankenhaus war ich nach wie vor zwei mal die Woche auf der Kinderstation zu Spielstunden, die waren nach wie vor das Highlight und die Seifenblasen waren jedes mal wieder das Größte.

Ansonsten war ich auf der Entbindungsstation  beschäftigt. Dort hatte ich eine wirklich tolle Zeit, ich habe unglaublich viel gelernt und gesehen.
Von Reanimationen von Babys  über normale Geburten  bis hin zu Kaiserschnitten habe ich alles mitbekommen. Eine Art Mutterrolle habe ich für unser kleines Baby Rachel übernommen, die von den Krankenschwestern mit Pipetten gefüttert wurde(inzwischen nimmt sie sogar schon die Flasche!). Ihr Zwillingsbruder und ihre Mutter sind bei der Geburt ums Leben gekommen, sie war viel zu früh geboren und so klein, dass sie eigentlich gar nicht überleben hätte können, ist inzwischen aber sechs Monate alt und kräftig (sieht in etwa so aus wie ein Neugeborenes). Später haben wir dann rausgefunden, dass sie sogar am gleichen Tag Geburtstag hat wie ich
J.
Geburten mitzuerleben war schön, jedes mal wieder fand ich es unglaublich, dass da dann plötzlich ein neues Lebewesen auf dem Bett lag.
Vor allem zu einer Mutter mit ihrem Baby hatte ich ein besonderes Verhältnis, dazu hier ein Zitat aus meinem Tagebuch: Ich kam morgens auf Ward 4, wo Schülerin Catherine, die gerade ein Praktikum macht war, und entschieden wurde, dass eine junge Frau  zum Kaiserschnitt sollte. Wir haben mit der Frau geredet, sie fand es in Ordnung, in den OP zu gehen. Ihr Bruder kam herein (Ihr Mann war auf dem Dorf zu Hause geblieben), um das OP-Formular zu unterschreiben. Frauen alleine dürfen nicht über ihren Körper entscheiden, für jede Operation brauchen sie die Unterschrift von ihrem Mann, Vater oder einem sonstigen männlichen Familienangehörigen. Es wurde gebetet, dass bei der Operation alles gut geht und dann ging es los. Es ist schon komisch, wie der Arzt nur einmal in den Bauch greifen muss und dann plötzlich ein Baby in den Händen hält. Ein Junge. Dann haben sich die Leute überlegt, dass er nach mir benannt werden soll, aber das ginge ja nicht, weil er kein Mädchen war. Letztendlich haben wir uns dann darauf geeinigt, dass er Louis heißen soll, von meinem zweiten Namen Louise abgeleitet.
Mein inzwischen gutes Pidgin hat mir natürlich auch überall geholfen. Am 23. November schrieb ich in mein Tagebuch: Es ist schön und macht einfach Spaß, inzwischen Pidgin zu sprechen und auch mit den Patienten reden und Witze machen zu können. Auf die Stationen zu gehen und sich mit allen zu unterhalten macht mich und die anderen glücklich. Ich merke, dass alle mich wirklich mögen, über meine Späße, die ich beim Medizin geben mache, lachen, und das ist das Schönste.

Weiterhin habe ich endlich das Flötenprojekt mit den Blockflöten,  die ich von der Firma Mollenhauer gespendet bekommen habe,  durchgeführt.
Sonntags bin ich zur „Sundayschool" gegangen, wo alle noch nicht konfirmierten Kinder hingehen.
Dort wurde immer erst ein kleiner, kindergerechter Gottesdienst abgehalten, dann wurden die Kinder in drei verschiedene Altersgruppen aufgeteilt und Bibelgeschichten wurden vorgelesen, die danach bearbeitet werden. Das Flöten war für den Schluss geplant.
Da die Kinder aber so aufgeregt waren, weil sie nun Flöte lernen sollten, musste die Bibelgeschichte die letzten Wochen ausfallen, weil sie sich eh nicht konzentrieren hätten können.
Es war unglaublich zu sehen, wie musikalisch die Kinder sind: sie haben unglaublich kräftige Stimmen. In meinem Tagebuch steht folgendes über die erste Flötenstunde: Um kurz vor neun war ich da, ein paar Kinder und der Teacher waren auch schon da, hatten aber noch nicht angefangen. Es trudelten immer mehr ein und als genung da waren fing der Gottesdienst an. Es ist unglaublich, was für kräftige Stimmen die Kinder haben. So viele sind es nicht aber es dröhnt richtig in den Ohren. Es gab ein Gebetslied, danach haben sich alle auf den Boden gesetzt, der Lehrer hat so abgegriffene Zettel ausgeteilt, dass man sie eigentlich garnicht mehr lesen konnte, da es aber immer die gleichen sind, konnten die Kinder alles schon auswendig. Es gab sogar eine Kollekte. Alles war sehr kurz gehalten, gerecht für die Altersspanne von 12 bis zu 3 Jahren. Ein Psalm wurde vorgelesen, kurz darüber gesprochen. Danach gabe es einen Applaus für mich, weil ich gekommen war. Eigentlich wäre dann die Unterteilung in 3 Altersklassen gekommen, aber alle wollten sofort mit dem Flöten anfangen.
Erst war alles ein großes Chaos, alle quietschten durcheinander. Sobald ich aber etwas vormachte – erst einfach Rythmen nachmachen, ohne Fingersätze – ging es  erstaunlich gut. Auch die Fingersätze verstanden alle sofort. Noten und ihre Namen habe ich den Kindern gar nicht erst beigebracht, sie lernen viel schneller durch einfach nachmachen.
Eine Gruppe, die von Anfang an so viel so gut umsetzen könnte, gäbe es in Deutschland nicht. Nach eineinhalb Stunden konnten die Kinder bereits das erste Lied mit vier verschiedenen Tönen, Viertel und Achtelnoten spielen.
Das Schönste war, dass als ich nach der Stunde zurück zum Wohnheim ging, vier der Mädchen da saßen und auf mich warteten. Sie wollten noch weiteterspielen. Also haben wir uns in die Küche gesetzt und weitergeübt. Von da an kamen die vier oft nachmittags einfach vorbei und wir haben neben den Sonntagsstunden noch extra Stunden gemacht. Das war sehr schön und sie können inzwischen wirklich viel.
Sehr nett war, dass ich zum großen „Abschlussessen“ vor Weihnachten von der Sundayschool dabei sein durfte. Ich wurde von einer Freundin, die auch viel bei der Sundayschool hilft, abgeholt,und wir sind zusammen zum Haus vom Lehrer gegangen. Es war das erste Mal, dass ich richtig über den Compound gelaufen bin und es war richtig nett. All die grünen Häuser, jedes hat einen kleinen Garten, ein Haus Win (Kochhaus). Überall sitzen Leute zusammen – man kennt eigentlich jeden. Wir kamen beim Lehrer an, es saßen schon viele Kinder im Garten. Es war einfach schön. Essen auf dem Tisch, noch abgedeckt. Und dann sitzt man da unter den Sternen und Palmen, die Kinder um einen herum spielen Gitarre und singen. Da fielen einem die Gedanken, bald weg zu müssen, schwer. Es war ein sehr schöner Abend.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei der Firma Mollenhauer bedanken, das Flötenprojekt hat mir und den Kindern viel gebracht und unheimlichen Spaß gemacht. Danke!

Ich könnte noch ewig so weiterschreiben. Über Geschichten aus dem Wohnheim, wo es nach wie vor einfach super war und ich mich zu Hause gefühlt habe. Über Ausflüge zusammen mit den Krankenschwestern zu Wasserfällen und in das Dorf der einen, wo wir ihre Familie besucht haben… Über einen Ausflug mit Hannes und Anton, der zu Besuch war, der noch einmal auf die paradiesische Insel Tami Island ging…aber es sind alles ähnliche Erlebnisse wie die, die ich auch die letzten Monate gemacht habe und ich würde mich wiederholen.
Das einzige, was einen Schatten über meine letzte Zeit warf, war, dass es Kämpfe in Lae gab, die zwischen den Morobe Leuten (Finschhafen liegt in der Morobe Provinz) und den Leuten aus dem Hochland stattfanden.
Da Butaweng ja in der Morobe Provinz liegt, wurde entschieden, dass alle Angestellten des Krankenhauses, die aus dem Hochland kommen, ausgeflogen werden sollten, es sei zu gefährlich für sie.
Da all das in einer geheimen Nachtaktion passierte, konnte ich mich von vielen mir wichtigen Menschen nicht richtig verabschieden, das war schade und schwer für mich. Auch die Schule wurde kurzfristig geschlossen, wodurch die Nummer der Mädchen, die mit mir im Wohnheim wohnten von etwa 30 auf 3 schrumpfte, auch das war nicht einfach.

Aber vielleicht hat mir das den Abschied auch etwas leichter gemacht, als ich dann ging musste ich nicht so vielen Leuten „Tschüß“ sagen, es waren nicht mehr so viele da. Die letzte Woche wurde ich aber trotzdem schon sehr wehmütig, am 11.12. schrieb ich in mein Tagebuch:  Auf dem Rückweg ist mir nochmal bewusst geworden, wie sehr ich mich in dieses Dorf mit seinen Leuten verliebt habe. Es ist mein Butaweng. Über die Swinging Bridge, dann die Straße entlang, links Gärten und grüne Häuser, rechts die riesen hohen Palmen am Wegrand. Man kennt jeden zweiten, dem man begegnet, alle begrüßen einen. Zwei Patienten bleiben stehen, unterhalten sich kurz mit mir. Dann geht es über das Feld, rechts wird Volleyball gespielt, weiter vorne Basketball, links manchmal Fußball. Ein Treffpunkt, viele sitzen herum und gucken zu. Quer rueber, Frauen, die vom Markt kommen, mit Bananenstauden auf dem Kopf kommen einem entgegen. Sie gruessen freundlich, versprechen, bevor ich fahre noche einmal zum Tschuess sagen zu kommen. Weiter aufs Krankenhausgelaende. Rechts in den Dorm, Henny sitzt kochend am Feuer, Doris roedelt in der Kueche und Lydia ist arbeiten, Nachmittags-Schicht.

Bei meiner offiziellen Verabschiedung in der Morning Devotion, mit dem gesamten Krankenhaus Staff flossen schon reichlich Traenen. Ich habe allen noch eine Postkarte und einen Schmetterling (wie ihn auch die Kinder auf der Station bekommen haben), geschenkt.

Fuer den letzten Abend, den ich in Butaweng war, haben sich die drei Krankenschwestern, die im Wohnheim noch uebrig geblieben waren, richtig ins Zeug gelegt.
Ich wusste, dass es noch einmal etwas groesseres zu Essen geben wuerde.
Was mich dann erwartete, hatte ich aber nicht gedacht: In der Kueche war ein richtiges "Fairwell-Dinner" gemacht.
Hinten an der Wand hing, zwischen Luftballons, ein Brief von den dreien, darunter ein sehr schoen mit Tuechern, Blumen und Palmenwedeln geschmueckter Tisch. Berge von Essen darauf. Berge. Reis, Suesskartoffeln, Taro, verschiedene Arten von Blattgemuese, Erdnuesse, Ananas, Pudding, in Kokosnussmilch gekochte Bananen, zum Trinken Saft und Kokosnussmilch.
Als Lydia zur Pause kam (sie hatte Abends-Schicht), sollte gegessen werden.
Vorher habe ich noch meine Abschiedsgeschenke verteilt. Der Weihnachtsschmuck (kitschiger ging es nicht) war der Hit - der Plan war dann, dass sie die Kueche erst einmal richtig suaber machen und dann schmuecken.
Jeder bekam ein laminiertes Papier mit ausgedruckten Fotos darauf und ich habe die Klamotten, die ich nicht wieder mit zurueck in Deutschland nehme, verteilt.
Es wurde gebetet, sich bedankt, dass Gott mich gischickt hatte. Es wurde sich fuer alles entschuldigt, was sie wohlmoeglich falsch gemacht haben, waehrend ich dort war.
Dann wurde gegessen. Sehr lecker. Es war einfach schoen zu sehen, wie viel Muehe die drei sich gegeben hatten.
Zwischendurch kamen Leute vorbei, um sichzu verabschieden. Ich wurde mit Geschenken wie Muschelschmuck und vor allem Bilums zugedeckt.
Spaeter sassen wir noch in der Kueche, haben Zeitung gelesen und uns unterhalten.
Irgendwann ist Henny dann auch schlafen gegangen. Doris und ich haben noch die Kueche aufgeraeumt und uns dann raus auf den Zement vor Doreens Tuer gesetzt.
Da wurde ich dann schon richtig wehmuetig.
Die Palmen im Mondlicht vor einem, das Grillenzirpen, die jetzt angenehm warme Sommerluft. Die Abende in Butaweng waren schon etwas besonderes.
Ja, und dann liegt man da einfach, guckt sich den Mond, die Millionen Sterne an, hat die liebsten Menschen bei sich. Vor einem liegt das Krankenhaus, still und friedlich in der Nacht.
Es war ein ruhiger, schoener letzter Abend.

Der letzte Tag wurde dann sehr emotional, nachmittags sollte ich mit dem Schiff von Buki bis Lae fahren, wo ich dann ins Flugzeug stieg.
Vormittags kamen noch mehr Leute mit Abschiedsgeschenken vorbei, es war eine ganz komische Stimmung. Immer wieder kam jemand und ging dann weinend wieder zurueck (wie man sieht: in PNG wird sehr offen getrauert und viel geweint).

Kurz bevor Sigrid und Hannes mich abholten, um zum Anleger zu fahren, machte ich noch eine letzte Abschiedsrunde durchs Krankenhaus. Das war vielleicht der schlimmste Moment fuer mich.
Erst Ward 3, die Kinderstation. Nane, eine sehr gute Freundin von mir hatte Dienst. Ich bin von Bett zu Bett gegangen, habe allen Tschuess gesagt. Als die Leute dann begriffen, worum es ging, kamen alle und umzingelten mich, haben mir tausend mal die Haende geschuettelt, mir eine gute und sichere Reise gewuenscht und dass Gott mich behuete. Von Baby Rachel war die Trennung besonders schwer.
Es war ein Gewusel um mich, Tschuess und God bles und laikim yu.

Die naechste Station war Ward 4, Entbindungsstation. Dort sassen Krankenschwester Kipuo und Schuelerin Catherine. Ich sass noch kurz bei ihnen, eine dritte Krankenschwester kam dazu. Alles war so schoen und gleichzeitig so traurig.
Als ich dann wieder rausging, schuettelte ich allen Frauen, die draussen sassen (Familienangehoerige der Kranken), die Haende. Irgenwann rief die Eine dann den Gang auf ihrer Dorfsprache herunter, dass ich ganz und gar weggehe, woraufhin alle aufsprangen. Sechs aeltere Fauen oder mehr umringten mich ploetzlich, wollten mir alle die Hand schuetteln, mich umarmen, versicherten, dass sie mich lieb haben. Manche hatte ich nohc nie gesehen, die Herzlichkeit ist unglaublich gewesen.
Die Szene war wie in einem Film. Janneke in ihrer traditionellen Meri Blaus, mit den Traenen kaempfend. Alle Mamas drum herum, aufgeregt. Alle waren enttaeuscht, dass ich nicht vorher Bescheid gesagt hatte, uns sie mir also kein Abschiedsgeschenk machen konnten.
Manche gaben mir dann ihre eigenen Bilums, um mir wenigstens etwas zu geben. Mir war es unangenehm, von Menschen, die ich garnicht kanne Abschiedsgeschenke zu bekommen. In der Kultur dort ist das aber normal.

Dann ging es los nach Buki zum Faehranleger. Hinten auf der Ladeflaeche sassen so viele Krankenhausangestellte wie nur moeglich, um mich hinzubringen.
Als wir ankamen, war das Schiff noch nichtzu sehen, also gingen wir noch einmal ueber den Markt, viele waren begeisstert, dass Lydia, Doris und ich das gleiche Oberteil trugen. Auch Lydias Mutter kam, um sich von mir zu verabschieden. Kipuo hat mir ganz suess eine Tuete mit Reiseproviant gekauft-Popcorn, Chips, eine Banane.
Als das Schiff dan ankam, ging alles ganz schnell. Viele Traenen flossen. Das schlimmste war, als das Schiff dan abfuhr und die Leute langsam kleiner wurden.
Die meisten werde ich wohl nicht wiedersehen. So lieb ich sie auch habe. Und auch das Kontakthalten wird sehr schwer sein, keiner von ihnen hat Internet.
Ein letztes Mal sah ich Buki, fur an Dreger vorbei... und man ist doch nie alleine in diesem Land, irgendwer steht immer neben einem, sagt "sori" und ist einfach da. Auch, wenn man ihn nicht kennt.
In Lae angekommen lag gerade ein Schiff, das nach Siassi fahren sollte am Platz unseres Schiffes. Also stellten wir uns direkt davor und man ging durch zwei Schiffe an Land.
Ich wurde von Nadja vom NMZ abgeholt und war noch fuer 4 Tage in Ampo, dem lutherischen Viertel untergebracht.

Die vier Tage waren gut, um erst einmal etwas Abstand von Butaweng zu bekommen, bevor ich dann auch das Land verliess.
Es waren ruhige Tage mit viel Zeit zum Nachdenken.
Einen Tag wurde ich von einer Schuelerin, die in Butaweng zur Schule geht, aber in Lae wohnt, abgeholt und wir sind zu einer Krokodilfarm gefahren. In meinem Tagebuch steht ueber den Tag folgendes: Eigentlich sollt Grace mich abholen, uim 8. Sie kam um halb elf aber naja. Karen sollte eigentlich auch mit, allerdings hatte sie nicht genug Geld, um den Bus zu bezahlen und sollte aufs Haus aufpassen. Also war ich mit Grace und irgendeiner Verwandten von ihr unterwegs.
Vor Ampo nahmen wir den ersten PMV (oeffentliches Verkehrsmittel), bis in dei Stadt.
Da waren wir dann auf dem Markt, kauften uns ein kleines Piknik, Trinkkokosnuss, Passionsfrucht, Erdnuesse und Gurken.
Es bringt einfach riesigen Spass, zusammen mit den Einheimischen durch die Stadt zu gehen, mit oeffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Die Stimmung ist einfach noch einmal anders. Die Musik im PMV, das Geld, das irgendwie von hinten nach vorne gereicht wird, um "Bustickets" zu bezahlen, der Staub, die Schlagloecher. Die Frauen, die sich so unglaublich ueber mein Pidgin freuen.
Man fuehlt sich zur Kultur dazugehoerig.

Bei der Krokodilfarm hiess es erst, wier koennen nicht rien, da wir nicht angemeldet waren. Aber, als wir erzaehlt haben, ich wuerde uebermorgen das Land verlassen, haben wir dann eine Privatfuehrung bekommen.
Wir warteten vorne mit einer jungen Frau und einem jungen Mann, die ein kleines Krokodil im Rucksack hatten, dass sie verkaufen wollten. Hatten sie im Fluss gefangen.
Die Fuehrung war gut. Wieder ein schoener Tag.

Den Abflugtag ging es mir garnicht gut. Ich bekam noch 1000 Anrufe, Grace kam nocheinmal vorbei, um Tschuess zu sagen.
In Lae wurde unser Flug dann gekaenzelt, es wurde aber nicht fuer noetig gehalten, die Passagiere zu informieren. Auch das ist typisch PNG. Wir sind dann aber doch mit einer Ersatzmaschine nach Port Moresby gekommen.

Von da aus ging es weiter nach Cairns. Ueber den Flug habe ich aufgeschrieben: Das restliche Handyguthaben verbrauchte ich von Moresby aus. Allen noch einmal Tschuess sagen: Doris, Mossie, die auch ihre Mama nochmal ans Telefon holte, dann Nane. Dann war zu Ende. Schluss aus. Tschuess. Das habe ich erst im Flugzeig begriffen. Abgehoben. Papua Neuguinea verlassen. Weg. Fuer wie lange? Ich werde wiederkommen, das steht fest. Das habe ich mir und dem Land versprochen. Nur wann? Das weiss niemand. Es tat so weh, in die Luft zu steigen und alles so geliebte, inzwischen so vertraute hinter sich zu lassen.


Es war also ein schwerer, traenenreicher Abschied. Aber, was ich mir immer sage ist:
"Man muss nicht traurig sein, weil es zu Ende ist, sondern froh, weil es passiert ist.".

An dieser Stelle moechte ich nochmals allen, die mir diese Zeit moeglich gemacht haben, bedanken. Es war eine unglaubliche Erfahrung, von der ich mein Leben lang etwas haben werde. Danke!

Jetzt bin ich seit 5 Wochen in Australien. Am Anfang war es ein grosser Schock, wieder in die Zivilisation zu kommen und ich hatte grosse Probleme, mich in den lauten, grossen, hektischen Staedten wohlzufuehlen und zurechtzufinden. Relativ schnell habe ich mich aber wieder an alles gewoehnt.
Ab naechster Woche werde ich dann wieder in Hamburg anzutreffen sein.

Ganz liebe Gruesse und bis bald! Janneke :)


 

Donnerstag, 10. November 2011

Buschfunk Nummer 3

Jetzt melde ich mich endlich mal in einem etwas kürzerem Abstand wieder.
Nur wo soll ich dieses Mal anfangen zu Erzählen? Der letzte Eintrag ist zwar erst drei Wochen her, es ist aber schon wieder unglaublich viel passiert und ich konnte unglaublich viele Erfahrungen und Eindrücke sammeln, viel lernen.

Gesundheitlich geht es noch immer auf und ab, ich versuche aber trotzdem, das Beste aus der Zeit, die mir noch bleibt, herauszuholen und trotzdem so viel wie möglich im Krankenhaus zu schaffen und von Land und Leuten kennen zu lernen. Das klappt, auch wenn mein Körper sich noch nicht ganz von der Malaria erholt hat und ich nach wie vor viel Ruhe brauche, ganz gut.

Im Krankenhaus war ich die letzten drei Wochen hauptsächlich in der Outpatients tätig, was sehr viel Spaß gebracht hat.
Morgens wird die Tür geöffnet, alle Patienten legen ihre Gesundheitsheftchen auf einen Stapel, welcher dann abgearbeitet wird. Alle werden einzeln aufgerufen, interviewt und untersucht, es werden  Medikamente ausgeteilt oder eine Überweisung auf eine Station im Krankenhaus angeordnet. Auch alle Notfälle werden dort behandelt.
Medizinisch gesehen habe ich dort die volle Bandbreite mitbekommen, von Malaria und einfacher Grippe über beim Kokosnuss aufmachen wollen mit Buschmessern abgeschnittene Finger bis hin zu Platzwunden, die auf dem Dorf schon einmal mit einer Angelschnur genäht wurden. Teilweise wirklich sehr interessante und auch unglaubliche Fälle.
Dadurch und Dank der großen Unterstützung und Geduld aller Mitarbeitenden (alles einheimische Krankenschwestern und – pfleger) habe ich wirklich viel, viel gelernt. Inzwischen sitze ich alleine an einem „Interview-Tisch“, spreche selber mit meinen eigenen Patienten, untersuche sie, mache vorläufige Diagnosen, überweise Patienten auf Stationen. So langsam weiß ich, wann man welche Medizin in welcher Dosierung gibt, bekomme es gut hin, keine wichtigen Fragen beim Interview zu vergessen. Trotzdem zeige ich jedes fertig geschriebene Protokoll natürlich den ausgebildeten Mitarbeitern, damit diese alles noch abnicken und ich keine Fehler mache. Wunden verbinden kann ich auch schon ganz gut und meine erste Spritze habe ich auch schon gegeben
J.
Es bringt Spaß, so selbstständig wirklich mithelfen zu können, trotzdem aber gut beaufsichtigt zu sein und immer jemanden für Fragen an seiner Seite zu haben.
Nur, wenn ein Notruf eingeht, indem ein Mann aus einem Dorf bis ins Krankenhaus gerannt kommt, um Bescheid zu sagen und der Krankenwagen erst zwei Stunden später losfährt, kann ich das nicht verstehen. Grund dafür: der Fahrer schlief und ging nicht an sein Diensthandy. Da verstehen auch sonst sehr gewissenhafte Neuguineer nicht, warum mich das sauer macht, vielleicht muss man die Mentalität der Menschen aber einfach noch besser kennen um so etwas zu verstehen.
Ansonsten bringt es aber einfach Spaß, mit den einheimischen Menschen zusammen zu arbeiten. Leute, die aus diesen Dörfern kommen, die für mich nach wie vor so unwirklich wie im Film sind. Schlicht aber doch unglaublich freundlich. Sie kommen meistens barfuss oder mit so durchgelatschten Flipflops, welche schon keine Hacken mehr haben, die Leute also doch auf der bloßen Straße bzw. dem Sand gehen. Manche tragen traditionelle Kleidung, manche kommen in westlicher, dann aber meist dreckiger und verschlissener Kleidung. Und die Lebensfreude ist unglaublich groß, auch wenn sie kommen, weil sie krank sind.
Manche ältere Menschen oder auch Kinder haben „Übersetzer“ dabei, weil sie nur ihre Dorfsprache und kein Pidgin verstehen. Ich kann mir immer gar nicht vorstellen, dass sie es hinbekommen, die Medizin richtig zu nehmen, auch wenn man es ihnen erklärt und aufgeschrieben hat.
Es ist also sehr schön gewesen, die Zeit in der Outpatients zu arbeiten, ich habe unglaublich viel gelernt und wirklich interessante Begegnungen mit den Menschen gehabt.

Weiterhin laufen die Spielstunden auf der Kinderstation weiter und auch der Spielraum wird einmal die Woche geöffnet. Die Arbeit mit den Kindern bringt einfach Spaß. Die Kuscheltiere sind jeden Mittwoch ein Highlight und sowohl für Kinder als auch für Eltern ist es nach wie vor das Größte, wenn ich Fotos von ihnen mache und sie sich danach selber auf der Kamera sehen können. Hat Janneke ihre Kamera mit, rückt das Lieder singen, Bälle werfen und Bilder tuschen also immer eher in den Hintergrund.
Vor allem mit einzelnen Kindern gibt es immer wieder schöne Erlebnisse, so wie eines, welches ich vorgestern in mein Tagebuch geschrieben habe: „ Mittags war ich auf Ward 3 – den Spielraum öffnen. Mit einem Jungen saß ich etwa 40 Minuten da, er im Rollstuhl mit zwei Puppen neben sich, und wir haben uns Bilderbücher angeguckt und einfach wiederholt, was auf den Bildern zu sehen war. Das war wirklich schön, er hat die Aufmerksamkeit genossen, für mich war es interessant, wie er die deutschen Bilder (es war ein deutsches Bilderbuch) interpretiert hat. Ein großes Bauernhaus, daneben ein Stall waren ein Haus mit einem „Haus Win“ also einem Kochhaus mit Feuerstelle. Ein Nussknacker war ein Mann, der versucht, eine Kokosnuss mit Schale zu essen. Viele solche Vergleiche, auf die man selber nie gekommen wäre. Zwischendurch wurde immer geguckt, was die Puppen machen.
Später kam Baby Megdalyn mit Mama dazu, ein einjähriges Kind. Der durfte an der Tafel malen und mit Kuscheltieren spielen – großartig.“
Es sind so kleine Erlebnisse und Ereignisse, bei denen man merkt, den Kindern gutes zu tun und gerade die machen mich glücklich.

Ab nächster Woche werde ich auf der Entbindungsstation sein, noch ein neues Gebiet, wo ich hereinschnuppern darf. Das Kinderprogramm wird trotzdem weiterlaufen und ich kann mir gut vorstellen, dass ich, wenn auf der Station nicht viel los ist, zum Aushelfen in die Outpatients gehe, da ist immer genug Arbeit zu tun.

Insgesamt ist es einfach schön, sich inzwischen richtig gut und fließend verständigen zu können, dass alle Angestellten des Krankenhauses mich inzwischen kennen und ich sie auch. Ich genieße es, als „einer mehr“, nicht als „die andere“ gesehen zu werden und voll in die Krankenhausgemeinschaft aufgenommen worden zu sein.

Auch außerhalb des Krankenhauses erlebe ich nach wie vor viele schöne Sachen. Seien es wochenendliche Ausflüge mit den Krankenschwestern zum Baden am Wasserfall oder einfach die Abende, an denen wir zu dritt kochen, danach aber mit allen am Feuer sitzen.
Inzwischen kann man mit ihnen auch tiefer gehende Gespräche führen, wie zum Beispiel über die Gewalt hier im Land (Welche leider ein großes Thema ist, welches man vor Allem im Krankenhaus deutlich mitbekommt und ich vieles, was ich mitbekomme und sehe erst einmal für mich verarbeiten muss). Es ist sehr interessant, die Sichtweise der Einheimischen zu solchen Themen zu hören. Die Freundschaft mit Doris und Lydia hat sich inzwischen so eingespielt, dass es selbstverständlich ist, dass wir unser Essen zusammen einkaufen und auch zusammen kochen. An die Eintönigkeit, es gibt eigentlich immer Süßkartoffeln mit „Kumu“ (Blattgemüse), habe ich mich inzwischen gewöhnt und es schmeckt mir gut.
Zur Begeisterung aller habe ich inzwischen gelernt, Bilums, die Taschen, die man hier trägt, zu machen, was unglaublich mühsam ist und ich die Hoffnung, eins während meiner Zeit hier fertig zu bekommen, schon aufgegeben habe.
Ansonsten ist aus dem Schwesternwohnheim zu berichten, dass meine Zimmernachbarin ein Baby bekommen hat, ich also nur noch wenig Schlaf bekomme..

Die nachmittäglichen Gänge auf den Markt bringen jedes mal wieder Spaß, einmal trifft man immer Menschen, die man kennt und außerdem ist es einfach schön, zu sehen, wie sich vor allem die Frauen aus den umliegenden Dörfern freuen, wenn auch ich traditionelle Kleider anziehe. Dann bestehen sie fast darauf, mir Bananen oder Orangen um sonst dazu zu geben. Es ist einfach toll, sich das Treiben auf und vor dem Markt anzugucken, seien es die Marktfrauen, die sich einfach unterhalten und lauthals über etwas lachen oder sei es eine Gruppe Jungs, die den kleinen Bruder in einer gelben Schale als Auto hinter sich herziehen. Als Helm hat er eine halbe Kokosnuss auf dem Kopf. All das in sich aufzunehmen und zu genießen, einfach nur zuzugucken ist so erfüllend.

Ein besonderes Erlebnis war die Aktion „Senis Basket“. Dort sind Frauen aus einem Dorf gekommen und haben Gemüse aus ihrem Garten mitgebracht. Jede Frau hat eine Partnerin aus Butaweng bekommen (welches ja alles Frauen sind, die Geld verdienen) und hat das Gemüse gegen aus Läden gekaufte Lebensmittel wie Zucker und Tee getauscht.
Zum Schluss hatten wir jeder fast eine Schubkarre voll mit Gemüse, welches dann an das ganze Krankenhaus verteilt wurde, alleine hätten wir das nie aufgegessen, bevor es verschimmelt wäre.

Außerdem gab es eine sehr interessante Trauerfeier und zwar von einem Mitarbeitendem von “Lutheran Health Services“, Dr. Theo, der anscheinend hier unter den Angestellten sehr geschätzt war.
Es ist hier üblich, dass, wenn ein wichtiger Mann stirbt, seine Leiche durchs Land gekarrt wird, und überall Abschied von ihm genommen werden kann.
Der Sarg wurde also im Hubschrauber bis nach Gagidu geflogen, wo er vom District-Auto, mit Flaggen geschmückt und der Ambulanz, die extra eine Sirene aufs Dach bekommen hatte, abgeholt wurde.
Hier durften die Krankenhausmänner den Sarg dann durch ein Spalier aus Menschen und Blumen ins Administrationsgebäude tragen. Mit Musik zur Begleitung.
Drinnen wurden dann Reden gehalten, bis der Sarg einmal durchs gesamte Krankenhaus bis zum Fußballfeld getragen wurde. Auch der Weg geschmückt bis zum Umfallen – ein einziges Blumenmeer. Der gesamte Staff ging hinter dem Sarg hinterher und sang „Amazing Grace“. Kitschig aber doch eindrucksvoll. Angeblich ist der Sarg plötzlich, als sie durchs Tor wollten schwerer geworden, weil Dr. Theo nicht gehen wollte und unser Krankenhaus besonders gerne mochte. Es ist unglaublich, was für einen Aberglauben die Menschen hier haben.
Dann wurde er wieder vom Hubschrauber abgeholt und in seinen Heimatort weiterverschifft.

Eine Wanderung gab es, auf die mich Hannes und sein Bruder mitgenommen haben. Hierzu noch einmal ein Zitat aus meinem Tagebuch: „Es ging über die lange Hängebrücke überm Mape, durch Dörfer, die ich, auch wenn sie alle ähnlich sind, nach wie vor unglaublich interessant finde, durch Kakao-Bäume, richtigen Dschungel. Es ist einfach unbeschreiblich, wie anders und exotisch alles ist. Wir waren im Mape baden. Eine Aufregung gab es, als Wighty der Hund verschwunden war und an einem Abhang hing und weder hoch noch runter kam. Dadurch, dass ich das Pidgin inzwischen gut beherrsche, kann ich mich mit den Dorfeinwohnern richtig unterhalten und das bringt wirklich Spaß.“
Wie man sieht, ist es für mich noch immer unglaublich, wie schön und anders alles hier ist.

Insgesamt kann man also sagen, dass es gesundheitlich weiterhin bergauf geht und ich, obwohl ich etwas gebremst bin, zufrieden mit dem bin, was ich schaffe und tue. Wir haben festgestellt, dass ich alle Ziele, die ich erreichen wollte, inzwischen erreicht habe und das macht mich natürlich froh. Auch das Flötenprojekt wird diese Woche endlich angeleiert.
Das Herz tut mir weh, wenn ich daran denke, dass mir nur noch 4 Wochen hier im Dschungelparadies bleiben, vor allem in Momenten, in denen man in der Gemeinschaft und mit den Menschen zusammen ist, oder im Gottesdienst sitzt und die unglaublich musikalischen Kinder etwas vorsingen hört. Totzdem freue ich mich auch auf zu Hause und auf bekannte, geregelte Abläufe.

So weit erst einmal mein dritter Bericht. Ganz liebe Grüße ins wahrscheinlich schon kalte Deutschland!
Eure Janneke
J

Samstag, 22. Oktober 2011

Auch Malaria hat gute Seiten

Zwar liege ich seit einer Woche mit Malaria im Bett, aber wie gesagt: auch das hat positive Seiten, zum Beispiel, dass ich jetzt endlich Zeit dazu finde, den nächsten Blog - Eintrag zu schreiben.
Zur Beruhigung aller: es geht mir schon wieder Besser, der Malaria Test war negativ und ich muss mich einfach nur noch wieder erholen.
Es tut mir Leid, dass Ihr alle so lange auf den nächsten Bericht warten musstet, aber es war einfach zu viel los und ich habe keine Zeit zum Schreiben gefunden. Immerhin werde ich jetzt auch von allem berichten, was ich seit meiner ersten Meldung erlebt habe.

Bis auf die Krankheit geht es mir wirklich gut hier. Ich bin zufrieden, glücklich und schon fast eine Neuguinie. Das Einzige, was mich bedrückt ist, dass die Hälfte der Zeit hier schon rum ist – sie fliegt wirklich..

Den letzten Monat ist viel passiert, ich werde anfangen, von der Arbeit im Krankenhaus zu erzählen.

Wie schon berichtet, bin ich montags ja immer mit der „MCH“ auf Patroullie bei Außeneinsätzen zu Aufklärungsarbeit und um Kinder zu impfen. Unter anderem war ich diesen Monat in Malasiga, einem sehr interessanten Schnitzerdorf direkt am Strand. Die Bewohner des Dorfes kommen eigentlich von einer Insel nahe an der Küste, mussten aber umgesiedelt werden, da der Boden nicht nährstoffreich genug ist, um alle Bewohner zu ernähren – ein sehr beeindruckendes Dorf, auch wieder Häuser auf Stelzen, sogar ein Basketballplatz. Auffallend war die Sauberkeit und Ordentlichkeit.
Ein anderes Dorf in dem wir waren war Suquang. Das ist gar nicht weit von hier entfernt, liegt ein bisschen oberhalb von Butaweng. Dort wurde aus dem Ereignis ein richtiges kleines Fest gemacht – bevor mit den Impfungen und dem Wiegen der Kinder angefangen wurde hat eine „Bos Meri“, eine in der Rangfolge hoch stehende Frau eine Art kleinen „Gottesdienst“ abgehalten, es wurde gesungen und gebetet und als wir fertig waren hatten sie sogar Essen für uns vorbereitet. Solche Erlebnisse sind natürlich sehr nett und man kriegt Einblicke ins Dorfleben, welches hier im Land ja wirklich sehr verbreitet ist. Außerdem lernt man die Umgebung viel besser kennen. Hier ein Zitat aus meinem Tagebucheintrag, den ich geschrieben habe, nachdem wir aus Suquang zurückgekehrt waren:
“ Auf dem Rückweg sind wir der Ambulanz ein Stück entgegen gegangen. Man nimmt alles noch viel intensiver wahr, wenn man zu Fuß geht. Palmen, unglaublich hoch gewachsen und Kokosnüsse tragend vor knallblauem Himmel, wohin man auch schaut. Links von uns lag der Mape-Fluss mit seinem türkis-grünen Wasser, eine lange Hängebrücke haben wir gesehen – einfach paradiesisch. Man trifft überall Fußgänger: Männer, Frauen und Kinder. Ich versuche, alles was ich sehe, höre, rieche so gut wie möglich abzuspeichern und nie wieder zu vergessen. Aber so lebendig und reell, so wunderschön ist alles einfach nur in echt. Ich überlege schon jetzt immer, wie ich das alles in Deutschland weitererzählen soll, aber so wirklich wird das noch nicht einmal mit Fotos und Videos gehen. Man muss einfach selber hier sein, um die Atmosphäre und alles aufsaugen zu können. Es wird noch nicht einmal das Gleiche sein, wenn ich diese Zeilen im Tagebuch lese.“
Und so, wie ich es dort im Tagebuch beschrieben habe ist es wirklich. Dieses Land ist so anders, so exotisch, dass es mir teilweise sogar unwirklich vorkommt, obwohl ich hier bin. Trotzdem werde ich mein Bestes tun, Euch allen zu beschreiben, wie es hier ist.
Aber zurück zu den Montagen mit der MCH: es bringt Spaß, durch die Dörfer zu fahren und vor allem eine der Mitarbeiterinnen, Abia, zeigt mir viel und ich lerne sowohl über Land und Leute als auch über medizinische Dinge.

Dienstags, mittwochs und donnerstags war ich den letzten Monat auf der Kinderstation. Dort helfe ich da, wo ich helfen kann und lerne viel. Inzwischen kann ich  die Medikamente austeilen, messe Fieber, Blutdruck, Puls und Atmung und trage alles in die Gesundheitsmappen ein. Handpuppe Waschbär „Toto“ hilft mir dabei, wobei sich die Kinder immer erst mal an ein redendes Tier und ein weißes Mädchen gewöhnen müssen. Dazu wieder ein Zitat aus meinem Tagebuch:
“Mittwoch hatte ich das erste Mal die Waschbären-Handpuppe mit. Toto heißt er jetzt und Toto hat mit Misis Meri Fieber gemessen. Viele Kinder hatten Angst vor mir und vor allem vor der Puppe, haben geweint und sind weggelaufen. Manche fanden es lustig. An jedem Bett habe ich angekündigt, dass Toto morgen wiederkommt und eine Spielstunde macht. Vor allem die Mütter fanden es witzig, wie ich Toto gespielt habe, immer, wenn ich an ein neues Bett ging, ging Gelächter durch die Station. Für mich war es aufregend, das erste Mal wirklich spielerisch auf die Kinder zuzugehen, vor allem, weil man nicht wusste, wie sie reagieren würden. Aber gut. Der erste Spieltermin stand also für Donnerstag fest.“
Auch wenn weder die Kinder noch die Eltern bis jetzt verstanden haben, dass ich weder „Misis Meri“ (so werden alle weißen Frauen bezeichnet), noch Toto („Nein, so heißt doch die Puppe!“) heiße, sondern Janneke, lieben alle den Waschbären inzwischen und die Angst ist verflogen. Auch die Kinder, die neu auf der Station sind, sind offener, weil sie schon sehen, dass die anderen sich freuen wenn das Fieber Thermometer mit Toto kommt.
Zwei mal die Woche gibt es jetzt eine Spielstunde. Wir versammeln uns in einem Kreis auf dem Boden und Toto hat eine Kiste mit, die mit einem Tuch bedeckt ist. Jedes mal zaubert er da etwas heraus, womit wir spielen.
Am Anfang wird ein Lied gesungen, wobei mich vor allem die Mütter unterstützen, und es wird ein Namensspiel mit einem Ball gespielt, damit alle auch die neuen Aufnahmen von der Station kennen lernen. Das Namen lernen ist für mich unglaublich schwierig, denn entweder sprechen die Kinder so leise und nuschelig, dass man sie nicht versteht, oder die Namen klingen so exotisch und ungewöhnlich, dass ich sie bei der nächsten Runde wieder vergessen habe. Die Zeit, die ich auf der Station bin und nichts zu tun habe verbringe ich also meistens damit, die Namen noch einmal in den Krankenakten nachzulesen und zu lernen.
Wir haben schon Bilder gemalt und dabei die Farben geübt, alle Kinder waren unglaublich stolz, als sie ihr selbst gemaltes Bild über ihr Bett hängen durften und vor allem, als sie es mitnehmen durften, als sie nach Hause gingen. Mit Bauklötzen haben wir eine Straße gebaut, jedes Kind hat inzwischen einen Schmetterling über seinem Bett hängen, auf dem sein Name steht und sagt „Der passt auf mich auf“, mir helfen sie beim Namen lernen und die Station sieht bunter aus.
Einen eigenen Patienten haben wir, eine Puppe, bei der wir auch immer Fieber messen und entscheiden, ob sie noch Medizin braucht oder nicht, oder ob wir ihren Arm verbinden müssen. Außerdem gucken wir uns jedes Mal eine Seite in einem Kinderbuch an und überlegen, was da wohl passiert sein könnte.
 Hier wieder ein Zitat aus meinem Tagebuch, das eine typische Spielstunde beschreibt:
“Am Anfang saßen nur zwei Jungen mit ihren Müttern da, der Rest auf der Station sind im Moment Säuglinge. Von allen Betten wurde aber interessiert zugeguckt. Später kam auch noch ein Geschwisterkind Mädchen dazu. Wir haben Totos Lied geübt. Der unterstützende Gesang von Kindern und Eltern wurde zwar von mal zu mal kräftiger, war insgesamt aber ziemlich leise. Die Bälle fanden alle gut, ich habe vor allem Namensspiele und „rollroll“ gespielt. Der Flummi war in der Dose versteckt, der Luftballon flog durch die Station und platzte, nach und nach kamen vor allem Erwachsene und auch Geschwisterkinder näher und guckten sich die Spiele an.“
Es bringt einfach Spaß, mit den Kindern und Eltern zusammen zu sein, ihnen etwas beizubringen und zu spielen. Nach jeder Spielstunde gehe ich glücklich und zufrieden über die Arbeit nach Hause.
Eine Herausforderung ist es, alle Kinder unter einen Hut zu kriegen. Es ist wirklich unterschiedlich, was sie können. Manche können schreiben, manche kennen keine Farben und haben das erste Mal einen Stift in der Hand. Das liegt natürlich an Altersunterschieden, aber auch am Bildungsstand und Fortschritt der einzelnen Familien. Es ist schön, zu sehen, dass die Eltern sich über das Programm freuen, mitmachen, mithelfen oder einfach zugucken. Am Anfang ist immer eine eher unsichere Stimmung von Seiten der Kinder aus, das legt sich aber mit der Zeit und nach und nach machen alle mit und haben Spaß. Vor allem, wenn man merkt, dass einzelne etwas mitnehmen, wie zum Beispiel die Namen von Farben, macht es einen zufrieden.
Ein weiteres großes Projekt war das Saubermachen der „Kids Corner“, dem Spielraum auf der Station, den es zwar schon gab, der aber unglaublich dreckig und immer abgeschlossen war. Eine Woche saß ich also dabei, sowohl den Raum als auch das vorhandene Spielzeug zu schrubben und wieder schön herzurichten. Da die Krankenschwestern nicht wollen, dass der Raum dauerhaft auf ist, weil sie Angst haben, dass alle Spielsachen dann geklaut werden, gibt es jetzt jeden Mittwoch eine Stunde, in der ich dort aufschließe und der Raum frei zum spielen steht. Zum Schluss sammle ich dann alle Spielsachen wieder ein und es wird wieder zugemacht – das klappt gut.
Sowohl Eltern als auch Kinder freuen sich inzwischen, wenn Misis Meri und Toto kommen, wenn ich draußen an der Station vorbei gehe, wo tagsüber gekocht und gesessen wird, kommen gleich alle auf mich zugerannt, rufen mir zu und wollen wissen, wo der Waschbär ist. Wenn ich dann sage, dass er zu Hause schläft, aber bald wieder zum spielen kommt verstehen das auch alle
J. Es ist jedes Mal eine schöne Bestätigung, durchs Krankenhaus zu gehen und inzwischen von allen mit einem Lächeln begrüßt zu werden.
Man bekommt schnell eine gute Bindung zu den Kindern und Eltern, auch wenn sie meistens anfangs eher schüchtern sind – umso trauriger ist es, wenn sie dann entlassen werden und wieder aufs Dorf gehen. (Natürlich eigentlich positiv, weil das bedeutet, dass der Patient wieder gesund ist).
Wie man merkt, bringt mir die Arbeit auf der Kinderstation wirklich Spaß. Ab Montag fängt allerdings die Zeit in der „Outpatience“ an, darauf freue ich mich auch sehr. Das ist wie eine Arztpraxis, in die alle Kranken von außen kommen, die Beschwerden haben. Das ist natürlich vor allem medizinisch sehr interessant, da ich viele verschiedene Krankheitsbilder sehen werde.
Die Zeiten der Spielstunden und auch die der Kids Corner werde ich trotzdem beibehalten, also immer noch mindestens 3 mal die Woche zwei Stunden auf der Kinderstation zu finden sein.

Freitags helfe ich bei der Geburtsvorsorge, wo schwangere Mütter (Belmamas = Bauchmamas) aus der Umgebung hinkommen. Inzwischen weiß ich, wie man sie untersucht, den Stichtag der Geburt ausrechnet und kann mit den Gesundheitsheftchen, von denen ich im letzten Eintrag ja schon geschrieben habe, umgehen. Auch dort arbeite ich mit Abia zusammen (dieselbe, die mir auch bei den Patroullien in den Dörfern so viel erklärt) und lerne viel. Es ist schön, dass sie mich viel selber machen lässt.

Außerdem gab es eine Woche lang ein „Aidpost Training“, bei dem Gesundheitsarbeiter, die ihre Sitze auf Dörfern haben, zur Weiterbildung kommen, bei dem ich teilweise auch dabei war und wirklich viel gelernt habe. Nur der Vortrag über hiesige Schlangen und ihre Bisse hat mir ein wenig Sorge gemacht, bis jetzt habe ich aber zum Glück noch keine angetroffen.

Insgesamt habe ich mich also gut in die Arbeit eingelebt, es gibt genug zu tun, alle Mitarbeiter des Krankenhauses sind wirklich hilfsbereit, es bring wirklich Spaß und ich kriege Unterstützung von allen Seiten.



Ein besonderer Tag war der Independence Day, der 16. September. Morgens sollte es eigentlich mit allen Mitarbeitern ein Nationalhymne-Singen geben mit Flagge hissen, das fiel dann aber ins Wasser, weil die Flagge nicht gefunden wurde.
Stattdessen haben zwei auszubildende Ärzte mich mit auf eine Tour auf die Insel „Tami Island“ genommen, was unglaublich war.
Mittags sind wir ins Speedboot gestiegen und losgefahren. Schon das erste Stück  war unglaublich schön – auf dem Mape Fluss entlang. Ich hatte schon meine Schwimmsachen an (zum Glück schwimmt man ja in T-Shirt, sodass wenigstens Schultern, Bauch und Rücken von dem riesen Sonnenbrand verschont wurden, den ich bekommen habe), was gut war, da die Wellen bei der Mündung vom Fluss in den Pazifik so richtig hoch waren und wir richtig geflogen sind. Eine ganze Welle schwappte ins Boot, gut, dass ich eine Unterwasserkamera habe, sonst wäre die wohl hin gewesen. Das Gelächter und der Spaß von allen waren trotz des Schrecks am Anfang groß.
Die weitere Fahrt war ein Traum. Der Himmel war zwar bedeckt, aber es war trotzdem umwerfend schön, zwischen den kleinen Inseln umherzufahren. Die Farbe des Wassers ist nahe am Ufer einfach toll, dazu die Schaumkronen, die aufspritzen, während die durchsichtigen Wellen auf die Steine und Felsen der Insel prallen. Mitten bei der Fahrt passierte plötzlich das tollste: es schossen zwei fliegende Fische aus dem Wasser. Weiter weg sah man später zwei riesige Fische unglaublich hoch springen, Vögel kreisten über dem Meer.
Wir kamen dann auf der „Hauptinsel“ an, haben sie uns ein wenig angeguckt. Der Strand schmal aber wirklich schön, überall standen diese schmalen Boote, die als Halt noch eine Kufe neben sich haben. Das Dorf und die Häuser waren unglaublich sauber, genauso wie das klare, türkise Wasser. Das Wasser war übrigens „fleckig“ - da, wo Riffe waren dunkel, sonst hell und durchsichtig.
Ein kleines Stück sind wir durch Wald gegangen, bergauf, und kamen auf einer Lichtung an. Von der kleinen Erhöhung aus konnte man etwas weiter gucken – viele Inseln zwischen ihnen geflecktes Wasser. Auf der einen soll die Schule des Dorfes sein.
Unten im Dorf war gerade Independence Feier und ein Basketballturnier, welches wir uns kurz angeguckt haben.
Dann sind wir weiter auf eine Mini-Insel gefahren. Noch türkiseres Wasser als vorher, weißer Sand. In der Mitte ein wenig Gestrüpp, aber keine Bäume. Etwa 20 Meter Durchmesser. Erstmal sind wir im warmen Wasser baden gegangen, dann gab es ein Picknick. Ich war das erste Mal in meinem Leben Schnorcheln und habe sogar einen echten Nemo gesehen.
Auf dem Rückweg wurde dann gefischt. Man hat an einem runden Plastikteil, das aussieht wie der Griff an einem Drachen, eine lange Schnur mit einem Haken und einem Plastikköder. Die Schnur wird hinten aus dem Boot geworfen und hinterher gezogen, dann fährt man immer dahin, wo man Vögel sieht. Wo Vögel sind, sind auch Fische, so lautet die Regel. Insgesamt haben wir drei fische gefangen. Für hiesige Verhältnisse wohl eher wenig, ich fand es viel. Hatte man einen Fisch am Haken wurde das Boot langsam gemacht und oder angehalten und der Fisch, der irgendwann wild zappelnd erst in der Luft, dann auf dem Schiffsboden war, herangezogen. Riesen Fische waren es, die wir gefangen haben, ich hatte fast ein bisschen Angst vor ihnen. Auch auf der Rückfahrt wurden wir von springenden und fliegenden Fischen begleitet.
Ein tolles Erlebnis.




Auch im Schwesternwohnheim habe ich mich richtig eingelebt. Ich lebe dort mit  acht anderen Frauen zusammen und habe alle wirklich gerne:
Karen, obwohl sie mit ihrem lauten Gequassel am Telefon fast jeden Abend bewirkt, dass ich nicht einschlafen kann, und mich jeden Morgen mit Gebetsliedern weckt. Jetzt liegt sie gerade auf der Entbindungsstation, also werde ich dann auch nachts Unterhaltung von nebenan bekommen - Babygeschrei. Sie hilft mir viel beim kochen.
Henny, die eine unglaublich liebe Seele ist, zwar sehr still aber humorvoll und unglaublich hilfsbereit. Sie ist die einzige die Schlangen töten kann, also weiß ich, an wen ich mich im Ernstfall wenden muss
J.
Doreen, die zwar teilweise gar nicht nachdenkt, mich aber immer mitnimmt, wenn sie mal zum Markt geht oder einfach nur zum Fußballfeld.
Doris, die einfach klasse, lieb, lustig und hilfsbereit ist, man aber auch gut ernst mit ihr reden kann. Sie hat mich unglaublich lieb gepflegt, als ich krank war und passt gut auf mich auf – meine beste Freundin hier, die fast schon eine Art Mutterrolle übernimmt.
Sien, die Cousine von Doris, einer der liebsten Menschen, die ich je kennen gelernt habe. Sie habe ich sofort ins Herz geschlossen und es wird mir schwer fallen, sie gehen zu lassen, wenn sie wieder aufs Dorf geht sobald ihr Onkel aus dem Krankenhaus entlassen wird.
Leonie, die Nichte von Henny, die zwar genauso alt ist wie ich, sich aber eher wie eine 9-jährige verhält, mir beim kochen hilft und mittags schon fast auf mich wartez, nur um mir „Hallo“ zu sagen, bevor ich zur Mittagspause in mein Zimmer gehe.
Und zum Schluss Lydia, die einfach immer lacht, immer Witze macht und einfach Fröhlichkeit hier reinbringt.
Alle sind wichtig und gehören dazu und ich bin sehr froh darüber, sie zu haben.
Den Humor der Krankenschwestern vergleiche ich oft mit dem von Fünftklässlern in Deutschland, aber es bringt einfach Spaß, abends zusammen zu sitzen, zu singen, sich Geschichten zu erzählen. Sie freuen sich, wenn ich Lieder auf Pidgin lerne und finden es noch besser, wenn ich ihnen welche auf Deutsch beibringe. Eine große Begeisterung gibt es für meine Kamera, mit der jede Menge Fotos gemacht werden.

Die engste Bindung habe ich, wie gesagt, zu Doris und zu Lydia, inzwischen kochen wir immer zu dritt, was viel weniger Aufwand bedeutet. Wenn eine der beiden mal frei hat, steht mittags das Mittagessen auf dem Tisch und man hilft sich gegenseitig. Sie passen auf mich auf. Jetzt, wo Doris übers Wochenende ihre Familie besucht, ist Lydia hier geblieben, nur weil sie mich nicht „alleine“ lassen wollten, auch wenn ich tausend Mal beteuert habe, dass das in Ordnung wäre, und alle anderen auch noch da sind. Es ist einfach schön, so liebe Menschen um sich zu haben.

Nach einer großen Putzarie ist mein Zimmer richtig schön geworden und ich fühle mich richtig wohl und wie zu Hause. Das Beste ist, dass Hannes mir sowohl einen Wasserfilter als auch einen Wasserkocher organisiert hat. Es ist das Schönste, morgens kein Feuer machen zu müssen, sondern nur auf einen Knopf zu drücken, um Tee zu machen. Man lernt, sich über ganz kleine, sonst selbstverständliche Dinge zu freuen und das ist schön.

Ich habe mich nicht nur im Wohnheim gut eingelebt und integriert, sondern auch im Dorf Butaweng sonst. Es bringt inzwischen richtig Spaß, auf den Markt zu gehen, man kennt alle, bleibt stehen um sich kurz zu unterhalten, alle grüßen einen und freuen sich, wenn man das Bilum wie die Einheimischen über dem Kopf trägt.
Die Regenzeit ist jetzt vorbei, es ist unglaublich sonnig und heiß, dafür haben wir ja aber den „Pool“ direkt am Wasserfall, wo oft hingegangen wird und wir uns erfrischen können. Das ist, außer dem Markt und dem Fußballfeld, ein Treffpunkt, wo immer jemand zu finden ist.


Nachdem zwei Mitarbeiter des NMZ hier zu Besuch in Butaweng waren und ich ihnen von meiner Arbeit im Krankenhaus erzählt und gezeigt habe, gab es ein weiteres Highlight: das NMZ Treffen in Goroka und das deutsche Retreat in Madang.

In Goroka, einer Stadt im Hochland, haben sich alle Mitarbeiter des NMZ in Papua Neuguinea getroffen. Es war schön, die anderen beiden Freiwilligen wieder zu sehen.
Vor allem war es aber interessant, mal durchs Land zu reisen.
Nachdem ich von Doris und Lydia sehr nett am Fähranleger verabschiedet wurde, gab es schon auf der Fährüberfahrt nach Lae ein sehr interessantes Ereignis:
Wir kamen an einem Strandstück vorbei, welches sonst unbesiedelt ist, nun aber voller Menschen war. Als wir vorbeifuhren sprinteten alle ins Wasser, das Geschrei war riesig. Es stellte sich heraus, dass sie alle am nächsten Tag zu einem Rugbyspiel Papua Neuguinea gegen Australien nach Lae wollten. Brüllend machte der Kapitän von Bord aus Verhandlungen mit einem Mann im Wasser, sie einigten sich auf einen Preis und das Schiff  sollte sie am nächsten Tag um 6 Uhr morgens abholen – der Verhandlungspreis wurde verkündet und das Geschrei wurde noch größer. Wo sonst würde man so etwas erleben? Nicht in vielen Ländern.

Es war unglaublich zu sehen, wie unterschiedlich dieses Land ist. Goroka war kälter als Finschhafen, auch die Leute sehen anders aus: größer, breiter, kräftiger und sie haben ausgeprägtere Nasen. Manche tragen diese komisch quadratischen Hochlandsmützen und man merkt deutlich, dass man in den Bergen ist und die Luft dünner wird. Auch die Weiterfahrt nach Madang war sehr interessant. Als man durch die Landschaft gefahren ist, sie angeguckt hat und auch die Bauweise, die typisch für die Berge ist, gesehen hat, konnte man kaum glauben, dass es ein und dasselbe Land wie das ist, was man schon von der Küste kannte.
Es war wirklich bergig, die Berge aber wenig bewachsen, ich fand, sie sehen so aus wie Modelleisenbahn Berge. Irgendwie unecht, fast wie Kunstrasen. Die Häuser sind nicht auf Stelzen gebaut und haben eine runde Form, sind teilweise sogar aus etwas lehmartigem gebaut, die Dächer sehen aus wie Reetdächer. Palmen sieht man gar nicht. An einem riesigen Stausee, der ganz Papua Neuguinea mit Strom versorgt, sind wir vorbeigekommen – sehr beeindruckend.  
Das Highlight war, dass der bayrische Mitarbeiter, bei dem wir mitgefahren sind, selber Wurst und Schinken macht und für alle Leberwurstbrote und Schinkenbrote mitgebracht hatte – richtiges selbstgebackenes Vollkornbrot.
Es ging durch Zuckerrohrplantagen, Rinderfarmen und Ölpalmenplantagen, bis die Natur irgendwann wieder bekannter wurde und wir an die Küste nach Madang kamen.

Dort war, wie gesagt, das deutsche Retreat, wo sich sowohl die Mitarbeiter der Norddeutschen, der Leipziger und der bayrischen Mission getroffen haben. Es war interessant, einen Überblick auch über andere Projekte zu bekommen, die hier im Land laufen und sich einfach mit anderen Deutschen über verschiedene Erlebnisse hier auszutauschen.

Die Reise endete mit einer PMV Fahrt nach Lae. Das sind die öffentlichen Verkehrsmittel hier und es war ein einmaliges Erlebnis.
Nach dem Frühstück ging es los, der „Flying Fox“ hat uns am Hotel abgeholt. Mit ihm sind wir dann bis zu einer Tankstelle gefahren, wo es hieß, wir müssten alle aussteigen und in einen anderen PMV, der Fahrer sei zu müde, weil er über Nacht gefahren war.
Das Auto, in das wir sollten, wir waren zu siebt, hatte aber nur noch 5 Plätze frei und wir haben gesagt, da wollen wir so nicht mit.
Naja dann mussten ein paar Neuguinies ihre Plätze für uns frei machen und die lange Fahrt über sechs Stunden auf wohl sehr ungemütlichen Kanistern sitzen, so ein Geschäft wollte sich der Fahrer nicht entgehen lassen.
Insgesamt waren wir in diesem Kleinbus zum Schluss 23 Menschen inklusive 2 Babys, viel, viel Gepäck und ein kleines Ferkel. Es war sehr eng und heiß, meinen Rucksack musste ich die ganze Zeit auf dem Schoß halten, es war einfach kein Platz mehr.
Trotzdem war die Fahrt toll, unvergesslich und hat mich richtig glücklich gemacht.
Kurz nach dem Losfahren wurde noch einmal Halt gemacht an einem großen Markt und alle konnten sich Proviant kaufen.
Danach ging es dann richtig los. Ich saß neben zwei Mädchen, die mir sehr nett von ihren Bonbons abgaben. Sonst waren sie eher still, reichten ihren Männern mal etwas zu trinken, mal etwas zu essen. Vor mir saß die Frau, die das Ferkel mit hatte. Das war sehr lieb, still und einfach süß. Die ganze Zeit war laut Musik an, die Fenster waren auf, der Fahrtwind stark und es war einfach toll, eingequetscht zwischen so vielen Neuguinies zur Musik aus dem Fenster zu gucken und Palmen und Leute, die Bilums, Kinder, Holz tragen, Kinder die zur Schule gehen, Märkte und Flüsse an sich vorbei ziehen zu sehen. Eine Pause haben wir gemacht, das Schweinchen wurde im Fluss gewaschen und weiter ging’s. Betelnüsse wurden auch im Auto gekaut, der Abfall dann eben in Plastiktüten gespuckt – eher unschön.
Im PMV sind wir fast geflogen, so schnell waren wir, das lag daran, dass die Dame mit dem Schwein in Lae noch ein Schiff bekommen musste. Kurz vorm Ziel telefonierte sie dann aber einmal und es stellte sich heraus, dass das Schiff erst morgen fahren sollte, das ganze Auto brach in Gelächter aus, der Fahrer allerdings war böse weil er nun extra so schnell gefahren war und dadurch viel mehr Benzin verbraucht hatte. Eine eindrucksvolle Reise also.

In Lae wurden dann noch jede Menge Kuscheltiere für die Kinderstation eingekauft und dann ging es zurück nach Butaweng. Nach den zwei Wochen habe ich mich richtig gefreut, wieder „nach Hause“ zu kommen.
Allerdings habe ich auch eine Idee davon bekommen, wie es sich dann anfühlt, wenn ich ganz hier weg fahre und das wird keineswegs schön sein. Schon in der kurzen Zeit habe ich das Krankenhaus und vor allem meine Krankenschwestern sehr vermisst. Ich habe gemerkt, wie unglaublich doll ich alle und alles in den gerade mal 2 Monaten die ich hier bin, ins Herz geschlossen habe.
Auch, während ich weg war kamen jeden Abend Anrufe der Krankenschwestern, die wissen wollten, wie es mir geht.
Als Willkommens - Geschenk habe ich von Doris und Lydia ein typisch einheimisches Oberteil geschenkt bekommen, worüber ich mich sehr gefreut habe. Es ist das Highlight für alle, die mich sehen wenn ich es trage und alle freuen sich.

Ja und nach meiner Ankunft hier in Butaweng bin ich dann direkt krank geworden. Aber wie gesagt: Malaria hat auch positive Seiten.

Erstens habe ich jetzt endlich den Blog - Eintrag geschrieben und zweitens habe ich noch einmal doller gemerkt, wie gut ich hier untergebracht und aufgehoben bin.

Einmal waren natürlich Sigrid und Hannes für mich da, aber vor allem die Schwestern haben sich rührend um mich gekümmert und die Malaria hat uns noch einmal richtig zusammengeschweißt.
Es war Sonntag, als der Verdacht auf die Malaria aufkam, da hat das Labor eigentlich zu. Doris hat sich aber solche Sorgen gemacht, dass sie, ohne dass ich es wusste, zu dem Laboranten nach Hause gegangen ist und ihn gebeten hat, extra für mich ins Labor zu kommen. Dann ist sie mit mir zusammen zum Test gegangen und als er positiv war, war die Aufregung im Wohnheim groß – Misis Meri war krank.
Es wurde aufgepasst, dass ich meine Medizin immer nehme, während ich auf einer Matte im Gras lag haben Lydia und Doris jeden Abend für mich gekocht. Immer wieder wurde mir versichert „Wir passen auf dich auf, keine Angst, du musst nicht nach Hause wollen“. Sie haben sich also rührend um mich gekümmert. Auch, als ich nach einer Woche wieder ins Labor musste, wurde ich begleitet.
Das mit dem gemeinsamen kochen haben Lydia, Doris und ich beibehalten und es ist wirklich weniger Arbeit, für drei und zu dritt als alleine für eine Person zu kochen. Außerdem bringt es einfach mehr Spaß.
Der letzte Test war also negativ, die Malaria ist erfolgreich bekämpft und es geht wieder bergauf.

Am Ende dieses Blog - Eintrags kann ich sagen: Ich habe mich eingelebt, bin integriert und zu Hause angekommen.

Ganz liebe Grüße vom anderen Ende der Welt!
Eure Janneke J

Sonntag, 4. September 2011

Erste Meldung vom anderen Ende der Welt

Jetzt bin ich schon fast 3 Wochen hier in Papua Neuguinea, die Eingewöhnungszeit ist vorbei, der Plan für die nächsten 3,5 Monate steht – ein guter Zeitpunkt, um den ersten Berichte über meine Erlebnisse und Eindrücke zu schreiben.
Schon einmal vorweg: Mir geht es gut, ich bin glücklich und dabei, mich gut einzuleben.
Aber ich werde von vorne anfangen, zu erzählen.
Am 15. August sind wir, Anton und Niels, zwei andere Freiwillige des NMZ und ich, nach einer wirklich langen Reise in Papua Neuguinea angekommen. Es ging von Hamburg nach London, nach Singapur, nach Sydney, nach Cairns, wo wir eine Nacht verbracht haben und schließlich nach Port Moresby, der Hauptstadt Papua Neuguineas. Dort haben wir uns dann von Anton getrennt und sind weiter nach Lae, einer Stadt an der Küste, geflogen.

Am Flughafen, wo das „Kofferband“ aus einem einfachen Brett bestand, wurden wir von Nadja, einer Mitarbeiterin des NMZ, abgeholt.
Auf dem Weg vom Flughafen nach Ampo, dem Viertel der lutheranischen Kirchenmitarbeiter, in welchem wir drei Tage im Guesthouse untergebracht waren, konnten wir die ersten Eindrücke vom Land gewinnen: schwül, heiß, die Straße besteht aus Schlaglöchern. Es sind viele Menschen unterwegs, grüßen, winken, lächeln einen an. Hier ist es etwas besonderes, Weiße zu sehen. Die Kinder haben teilweise Angst vor einem, verstecken sich oder fangen an zu weinen wenn sie einen sehen. Andere wiederum sind neugierig und interessiert.
Alle, Männer und Frauen, haben ein Bilum, eine handgemachte Tasche bei sich. Die Frauen tragen schwere Lasten und auch ihre Babys darin um den Kopf.
An der Straße sind überall Märkte, auf denen Betelnüsse verkauft werden – diese werden von allen gekaut, viele haben komplett kaputte und rote Zähne, die Straßen sind vom Ausspucken der Reste rot gefleckt.
Die drei Tage in Lae waren gut, um sich aklimatisieren zu können. Am ersten Morgen hat Nadja uns mit auf den Markt genommen, auf welchem es wirklich alles zu  kaufen gibt, was man sich an Obst und Gemüse vorstellen kann. Die Verkäufer sitzen auf dem Boden, auch sie kauen Betelnüsse.
Nachmittags kamen dann auch Sigrid und Hannes in Lae an. Das sind meine „Mentoren“ hier in Butaweng, Sigrid ist Ärztin und arbeitet am Krankenhaus, Hannes kümmert sich um das Haus.
Mit den beiden sind wir die nächsten zwei Tage durch die Stadt gefahren und haben allerlei Besorgungen gemacht.
Im Gottesdienst haben wir uns sogar auf Pidgin vorstellen müssen, das ging aber recht gut, da wir es beim Sprachkurs ja genug geübt hatten.
In der zweiten Nacht bekamen wir gleich das erste Erdbeben mit, die sind hier zwar klein und nicht so schlimm, der Boden und das Bett haben aber richtig gewackelt.
Sigrid und Hannes hatten mir inzwischen so viel von Butaweng, dem Dorf des Krankenhauses und dem Krankenhaus erzählt, dass ich es kaum erwarten konnte, am Donnerstag, den 18. August endlich mit ihnen ins Schiff zu steigen, um die letzte Etappe der Reise anzugehen.
Der Weg bis Butaweng war paradiesisch. Dschungel,  wie man ihn von Mogli kennt. Schon die Hafeneinfahrt zwischen den kleinen Inseln war wirklich beeindruckend. Am Rand manchmal Siedlungen aus Stelzenhäusern (typisch für die Küstenregionen) zu erkennen, Kinder, die vom Ufer aus dem Schiff zuwinken. Das Wasser, welches  in Lae noch grün-gräulich aussah wurde immer blauer, dort wo es tief war, dunkelblau, je näher man ans Ufer kam wurde es heller, türkis und fast durchsichtig. Es war viel Wellengang, der Motor ging auf der Hälfte der Fahrt auch kurz kaputt und wir dümpelten eine halbe Stunde auf dem Wasser rum, aber wir sind nach etwa sechs Stunden Fahrt gut in Buki, dem Fähranleger angekommen.
Dort wurden wir von der Ambulanz des Krankenhauses abgeholt, auf dem Weg vom Fähranleger bekam ich die ersten „Gärten“ neben der Küstenstraße zu Gesicht – wüst nebeneinander wachsende Pflanzen, alles grün. Das Einzige, was man erkennt sind Bananen. Diese Gärten sind die Ernährungsgrundlage der Einheimischen. Auf dem Weg haben wir die anderen Ärzte des Krankenhauses aufgesammelt, so habe ich sie gleich kennen gelernt, außer Sigrid arbeiten noch zwei  andere Deutsche Ärzte am Krankenhaus, sonst Neuguinies.
Wir fuhren über den „Pool“, der eine Badestelle unter dem Wasserfall hier ist, zum Haus von Sigrid und Hannes. Die erste Woche habe ich bei ihnen gewohnt, was wirklich schön war, zum Einschlafen hatte man das Rauschen des Wasserfalls als Hintergrundgeräusch.
In dem Dorf Butaweng wohnen nur Mitarbeiter des Krankenhauses, wofür es aber wirklich viele Häuser und Menschen, vor allem Kinder gibt. Es gibt eine Schule, eine Kirche, einen  Fußball- und einen Basketballplatz und morgens sogar einen kleinen Markt, auf dem man Blattgemüse, Betelnüsse, Bananen und Kokosnüsse zu sehr geringem Preis bekommt.

Hier am Haus wurden wir von drei einheimischen Mädchen begrüßt, die im Haushalt mithelfen, welche alle wirklich aufgeschlossen und nett sind und unglaublich herzlich lachen.  Ich bin mitgekommen, als sie nach Hause gefahren wurden und war sofort das erste Mal in einem richtigen Dorf hier. Stelzenhäuser mit hübsch aus Holz geflochtenen, gemusterten Wänden und Dächern aus Palmenblättern. Schweine und Hühner laufen frei herum, Frauen tragen schwere Lasten um den Kopf gehängt, nackte Kinder rennen durchs Gestrüpp und tauchen plötzlich auf der „Straße“ vor einem auf.
Freitag war dann der erste Tag im Krankenhaus. Der Plan war, dass ich die ersten Zwei Wochen einmal in jede Abteilung hinein schnuppere, um mich dann zu entscheiden, wo ich den Rest der Zeit verbringen und mithelfen möchte.
Der Tag fängt morgens um 7:45 mit der Morning Devotion an, einem kleinen Gottesdienst mit dem Personal, nach welchem Ankündigungen gemacht werden und der Bericht über die Nacht vorgetragen wird.
Das Krankenhaus hat sechs Stationen und eine Schule für auszubildende Krankenschwestern.
In den Stationen stehen viele aneinandergereihte Betten, Matratzen oder Bambusmatten müssen sich die Patienten selber mitbringen.  Auch um die Verpflegung müssen sich die Patienten selber kümmern, weshalb die Familien meistens auch mit am Krankenhaus wohnen, um sie zu bekochen. Außerdem müssen viele tagelange Fußmärsche hinter sich bringen, bevor sie Butaweng überhaupt erreichen.
Morgens kommt der  zuständige Arzt in die Station und macht eine Runde, guckt sich jeden Patienten an, untersucht und befragt ihn. Das ganze wird in der Krankenakte, die für jeden Patienten auf dem Bett liegt, festgehalten und die Krankenschwestern können nachlesen, welche Medikamente und Behandlungen der Arzt verordnet hat.
An meinem ersten Tag bin ich gleich zu einem speziellen Impfprogramm mitgefahren, bei welchem wir in ein Dorf gefahren sind, um die Kinder zu impfen.  Das Dorf sah aus wie im Film. Die Frauen und Kinder saßen auf einer großen Holzunterlage auf Stelzen, die mit Palmenblättern überdacht war, spielten Karten, machten Bilums, schliefen, kauten Betelnüsse. Von der Decke hingen, auch in Bilums, Säuglinge. Die Wohnhäuser waren etwas weiter entfernt auch auf Stelzen gebaut. Es gab eine Wasserstelle und ein etwas moderneres Haus, die Kirche.
Alle besitzen ein Gesundheitsheftchen, in welchem alle jemals vorgenommenen ärztlichen Behandlungen vermerkt werden. Diese wurden eingesammelt, die Kinder aufgerufen und geimpft.

In den folgenden zwei Wochen war ich also einen Tag auf jeder Station,  zweimal im OP, was ich erstaunlich gut aushalten und angucken konnte, beim Röntgen, in der Geburtsvoruntersuchung, in der Apotheke und beim „Outpatience“, wo Kranke von außerhalb zur Sprechstunde kommen können. Auch dorthin bringen die Patienten ihre Gesundheitsheftchen mit und die Krankenschwestern vermerken alles.
Die Krankheitsbilder sind sehr unterschiedlich, viel zu sehen ist Tuberkulose und Malaria. Einen Patienten gab es, der nach einem „Fight“ acht Löcher im Darm und eine angeschnittene Luftröhre hatte.
Ein Problem ist, dass viele Leute erst nach Jahren von Beschwerden ins Krankenhaus kommen, wo die Krankheitsbilder schon unglaublich schlecht sind. Viele glauben noch daran, dass Krankheiten unheilbar sind und von Geistern als Bestrafung angehext werden.
Am besten gefallen haben mir die Kinderstation, die Entbindungsstation und die Outpatience. Außerdem interessant fand ich die Geburtsvoruntersuchungen und das Impfprogramm im Dorf. Danach habe ich nun mit Sigrid den Plan für meine Zeit hier entworfen.
Montags werde ich immer mit dem Family Health Program auf die Dörfer fahren, wo Impfungen durchgeführt werden und Aufklärungsarbeit gemacht wird. So werde ich viel vom Land sehen.
 Dienstags, Mittwochs und Donnerstags werde ich den ersten Monat auf der Kinderstation helfen, Spielnachmittage mit Musik, Bewegung, Geschichten und Sonstigem durchführen. Das wird natürlich auch eine Herausforderung, da die Altersspanne der Kinder sehr groß ist und auch der Krankheitsgrad. Manche können fröhlich herum hüpfen, manche können aus ihrem Bett nicht einmal aufstehen. Die Kinderstation an sich ist sehr schön, die Betten haben nicht nur Nummern, sondern auch ein Tier als Erkennung, welches jeweils an die Wand gemalt ist. Außerdem kann man Vorhänge zwischen den Betten zuziehen, wodurch die Kinder ein wenig mehr Privatsphäre haben.

Den zweiten Monat werde ich in der Outpatience verbringen, wobei ich viele verschiedene Menschen kennenlernen werde, mit Kindern und auch mit Erwachsenen zu tun haben werde.

Den dritten Monat werde ich dann auf Station 4, der Entbindungsstation verbringen.

Freitags werde ich immer bei den Geburtsvoruntersuchungen sein, welche nur bis mittags gehen und danach wieder auf der Kinderstation Spielnachmittage machen, um dort auch die beiden Monate, wo ich in der Outpatience und auf Station 4 bin, zu helfen.
Außerdem werde ich  voraussichtlich Sonntags beim Kindergottesdienst mit den Blockflöten, die ich als Spende von der Firma Mollenhauer bekommen habe,  ein wenig Flötenunterricht geben. Das wäre dann mit den Kindern der Angestellten des Krankenhauses, was mehr Sinn macht, da die Gruppe sonst immer wechseln würde, wenn es Neuzugänge oder Entlassungen auf der Station gibt.
Mit dem geplanten Programm bin ich sehr zufrieden und ich freue mich auf die kommenden Monate im Krankenhaus.
Die Mittagspausen verbringe ich im Moment immer in Sigrids Büro und ich bin froh, sie und auch Hannes zu haben, um sich auch mal auf Deutsch über alles austauschen zu können. Außerdem habe ich durch sie eine Anlaufstelle, um mich zurückziehen zu können.
Die erste Woche habe ich, wie gesagt, bei ihnen gewohnt, es gab jeden Abend leckeres Essen und ich habe mich sehr geborgen gefühlt. Seit eineinhalb Wochen wohne ich nun im Schwesternwohnheim bei allen Krankenschwestern. Netterweise habe ich eine Grundausstattung an Tellern, Putzutensilien etc… von Hannes und Sigrid mitnehmen können. Auch wenn ich jetzt nicht mehr bei ihnen wohne, komme ich noch oft zu Besuch, man muss nur einmal über die Brücke. Ich darf ihr Internet mitbenutzen und vor allem meine Wäsche in der Maschine waschen. Auch, wenn ich das landestypische Essen, Kumu (alle möglichen Blätter) und Kaukau (Süßkartoffeln) nicht mehr sehen kann, kann ich mal zum Essen rüberkommen.
Letzten Samstag haben die Beiden mich mit auf eine Wanderung in ein Dorf oben in den Bergen genommen. Dort wurde ein neu gebautes Geburtshaus eingeweiht. Es ging zwei Stunden richtig durch den Dschungel, einen Fluss haben wir überquert. Die Einheimischen gingen auf dem engen, matschigen Weg, der bergauf ging, barfuß, und kamen unheimlich geschickt, sicher und schnell voran. Die Natur war wirklich sehr,  sehr schön: Alles grün, teilweise ging man richtig durch Blättertunnel und die Urwaldgeräusche hörten sich an wie auf einem Tonband bei Hagenbeck. Manchmal kamen wir auf Lichtungen, von denen aus man weit über die Berge und Täler auf den Pazifik gucken konnte – an den Buchten und Rändern türkises Wasser, sonst dunkelblau. Wirklich paradiesisch.
Irgendwann sind wir dann, völlig erschöpft, im Dorf angekommen. Von weitem hatte man schon die Trommeln gehört, es wurde ein „Sing Sing“ gemacht. Vor dem Dorfeingang waren Palmenblätter als Wand aufgestellt, das Dorf an sich war wirklich schön. Ein großer, heller Dorfplatz mit einem Mini Schulhaus und dem neuen Geburtshaus. Jeweils getrennt für Frauen und Männer eine „Aufenthaltsplattform“ aus Brettern auf Stelzen mit Palmendach.
Als wir ankamen, übten sie noch für den Sing Sing, waren aber schon verkleidet. Alle waren Barfuß, manche hatten Baströcke an. Die Frauen hatten sich große Grasbüschel an den Rücken gebunden, die bei Bewegungen elegant wippten und Muschelketten um den Oberkörper und den Kopf gebunden, manche waren mit Schlamm geschminkt.
Die Männer hatten alle Trommeln und manche hatten zeltförmige Holzgestelle, die mit Federn geschmückt waren, auf dem Kopf auch sie waren mit Schlamm geschminkt.
In der Mitte tanzte einer mit einem etwa zwei Meter hohem Holzgestell auf dem Kopf, wirklich beeindruckend.
Sogar ganz kleine Kinder machten schon mit, es ist unglaublich, was für ein Taktgefühl vielleicht vierjährige schon haben können.
Der Gesang mit den Trommeln hört sich fremd aber schön an, vor allem die Mischung aus Frauen – und Männerstimmen. Alle wiegten sich vor und zurück im Takt und hatten eine richtige Schrittfolge. Mal gingen  alle in die Knie, dann kamen sie wieder hoch, die ganze Zeit im Kreis.
Die Lieder sind auf der Stammessprache und erzählen angeblich Geschichten. Für uns hören sie sich alle gleich an, aber eigentlich sind es wohl ganz viele verschiedene Melodien.
Es wurden viele Reden gehalten und wir haben alle ein Bilum geschenkt bekommen. Zum Abschied hat mir eine ältere Frau ihre Perlenketten, die sie beim Sing Sing über dem Oberkörper tragen, geschenkt und ein junges Mädchen auch. Das hat mir wirklich viel bedeutet und sie hängen jetzt über meinem Bett im Moskitonetz.
Seit eineinhalb Wochen wohne ich jetzt in einem Zimmer im Schwesternwohnheim. Das Zimmer besteht aus zwei Betten an der einen Wand und zwei Stühlen, schmalen Tischen und Schränken an der Anderen. Ich habe es mir mit Hannes Hilfe wirklich nett eingerichtet, vor die beiden Fenster haben wir Stoffe als Gardinen gehängt, über mein Bett ein Moskitonetz, an die Wand lauter Postkarten mit Feldern, Häusern, Leuchttürmen usw.. Auf meinem Schreibtisch stehen die Glücksbringer, die mir zum Abschied geschenkt wurden und eine Kerze. Auch einen Bastteppich durfte ich von Sigrid und Hannes mitnehmen. Wir haben alles einmal ordentlich geputzt und ich fühle mich sehr wohl in dem Zimmer.
Das Wohnheim hat zwei Stockwerke, oben wohnen Schülerinnen aus der Schwesternschule und unten die Krankenschwestern, die im Krankenhaus arbeiten. Es gibt eine Küche mit einem kaputten Kühlschrank und Waschbecken und genügend Platz um alle Utensilien und das Essen zu lagern. Gekocht wird allerdings draußen im „Haus Win“ über dem Feuer. Jeder kocht für sich selber, das wäre sonst schwer, weil die Krankenschwestern ja Schichtdienst machen und nicht alle gleichzeitig zu Hause.
Das hieß also erst einmal für mich, dass ich das Kochen über dem Feuer lernen musste.
Morgens esse ich, wenn es in dem Laden gerade welches gibt, Müsli mit Milch aus Milchpulver, es wäre zu aktig, schon morgens ein Feuer anzumachen. Die Schwestern essen das kalte Gemüse vom Vorabend, womit ich mich wohl eher nicht anfreunden werde.
Inzwischen haben sie mir beigebracht Kochbananen zu rösten und zu kochen, Reis in Kokosnussmilch zu machen und vor allem das Kumu-Blatt-Gemüse zu machen. Variationen gibt es eher wenig, manchmal kommen noch „2 Minute Noodles“ als Gewürz dazu, statt dem Reis gibt es mal Süßkartoffeln, manchmal kommen noch Bohnen oder Zwiebeln als Gemüse dazu oder Fleisch.
Die Mädchen sind wirklich begeistert, dass ich versuche, zu lernen so wie sie zu kochen und freuen sich jeden Tag wieder, wenn sie mich beim Kokosnuss raspeln oder Kokosnussmilch machen sehen. (Noch sind auch meine Hände leider oft Opfer der Kokosnussraspel…)
Beim Feuer machen helfen sie mir noch, weil sie Angst haben, dass ich mich sonst verbrenne, was durchaus wahrscheinlich wäre… Nach dem Essen wird immer Tee getrunken, das Wasser dafür auch auf dem Feuer gemacht. Was würde ich manchmal für einen einzigen Wasserkocher geben!
Einmal habe ich schon Spaghetti mit Tomatensauce für alle gekocht und da sie nur diese 2 Minute Noodles kennen, die sie als Gewürz nehmen, haben sie nicht verstanden, warum ich zu den Nudeln keinen Reis machen wollte.
Der Tag beginnt immer sehr früh, die Mädchen stehen um 6 Uhr auf, um auf den Markt zu gehen, und ab dann ist es auch laut, wenn ich mal bis 7 schlafe, freue ich mich schon. Manchmal muss ich allerdings natürlich auch um 6 hoch, mein Gemüse kaufen gehen. Auch am Wochenende. Deshalb gehe ich immer relativ früh schlafen, was hier aber relativ normal ist, da es schon sehr früh dunkel wird.
Ich wurde wirklich nett von der Gemeinschaft aufgenommen, als ich ankam begrüßten mich alle gleich und ich wurde zum Essen eingeladen.
Es ist gut, dass auch ein 9 jähriges Mädchen, Titi, eine Verwandte der einen Krankenschwester, mit im Wohnheim wohnt, die findet mich natürlich sehr interessant und nimmt mich überall mit hin, holt mich ab und zeigt mir Spiele, wodurch ich immer was zu tun habe und nicht nur da sitze und gucke.
Die Fotos, die ich aus Deutschland von Häusern, Familie und Landschaft gezeigt habe, fanden alle unglaublich interessant.
In dem Wohnheim lerne ich die Sprache, das „Tok Pisin“ wirklich schnell, aber trotzdem entstehen natürlich viele Missverständnisse, über die man meistens aber lachen kann.
 Vorgestern zum Beispiel saßen wir draußen am Feuer, und eine junge Frau antwortete auf meine Frage, ob sie Schülerin in der Schwesternschule war, dass sie eine „wasmeri von den sikmen“ war. Sikmen war mir klar, das sind die Kranken im Krankenhaus. Das Wort „wasmeri“ brachte ich allerdings mit „waswas“, sich waschen/duschen in Verbindung. Als ich sie dann fragte, ob sie die Patienten wasche, war das Gelächter groß und mir wurde erzählt, sie würde die „sikmen lukautim“ look out habe ich mir gedacht – also ist sie wohl eine Security Frau. Als ich diese Vorstellung laut aussprach war das Gelächter noch größer und es stellte sich heraus, dass sie einfach eine Familienangehörige eines Patienten war und hier ist, um auf ihn aufzupassen und ihn mit Essen zu versorgen.
Die Mädchen freuen sich, dass ich da bin und kümmern sich gut um mich, sie haben Spaß daran, mir zu helfen und mir alles zu zeigen und zu erklären, sodass ich mich wirklich wohl fühle. Morgen früh nimmt die eine mich mit auf eine Wanderung.
Ein großes und wichtiges Thema hier ist die Kirche, auch das Krankenhaus ist ja ein kirchliches. Der Gottesdienst fängt zwar immer viel zu spät an, dafür sind die Leute dann aber mit Herz und Seele dabei. Die Predigten sind teilweise sehr lang, es gibt Mittwochs, Freitags und Sonntags Gottesdienst. Sonntags gibt es eine richtige Band mit Keyboards und E-Gitarren und was ganz neu für das Dorf ist: es gibt ein Mikrofon. Leider hat der Pastor noch nicht verstanden, dass man, wenn man ein Mikrofon benutzt, nicht schreien muss, also sind die Predigten und Gebete sehr laut.
Es werden viele Lieder gesungen, und diese klingen wirklich schön, bei den lauten und durchdringenden Stimmen bekommt man wirklich Gänsehaut. Die Leute schmettern ohne Hemmungen mit und alle, auch die Gitarristen, können jedes Lied auswendig, und das sind nicht gerade wenige.
Wenn der Gottesdienst zu Ende ist, wird ein Vorhang vor dem Altar zugezogen und das „Tok Save“ wird gehalten. Dort werden neue Termine angekündigt und jeder, der was zu sagen oder zu erzählen hat, kann das tun. Das kann manchmal wirklich lange dauern.
Die Kirchen sind an den Seiten offen, damit die Luft durchziehen kann und es nicht zu heiß wird.

Wie man merkt, habe ich schon in den ersten drei Wochen hier wirklich viel erlebt und kennen gelernt. Vielen Dank noch einmal an all die lieben Menschen, die mir diese Erfahrung möglich machen. Es tut mir Leid, dass ich mich wenig bzw. gar nicht melde, die Internetverbindung hier ist einfach zu schlecht und zu teuer. Deshalb werdet Ihr auch auf Fotos noch warten müssen, bis ich im Dezember in Australien bin. Ich hoffe, dass das in Ordnung ist.
Ganz, ganz liebe Grüße nach Deutschland, mir geht es wirklich gut, nur als ich an dem Geburtstag meiner Großmutter mit ihr telefonierte und sie mir von dem Pflaumenkuchen erzählte, wäre ich doch gerne zu Hause gewesen.
Soweit erst einmal mein erster Bericht.
Eure Janneke

Dienstag, 2. August 2011

Vorbereitung und Vorfreude - Preparación y alegría previa

Noch 9 Tage, dann geht es los! Die Vorfreude steigt mit jedem Tag und die meisten Vorbereitungen sind bereits getroffen.
Es liegen drei wunderschöne Seminare mit den anderen Freiwilligen des NMZ hinter mir, bei welchen wir eine unglaublich tolle Gemeinschaft geworden sind.
Es wurden gute Freundschaften geschlossen und wir haben das Gefühl, uns schon Jahre und nicht erst seit 16 Seminartagen zu kennen. Ich bin froh, die anderen Freiwilligen zu haben, um uns über alles austauschen zu können und nicht alleine zu sein mit den Vorbereitungen für die bevorstehenden Erfahrungen. Und auch während unserer Aufenthalte in der ganzen Welt werden wir bestimmt gut in Kontakt bleiben und wir werden uns auf dem Rückkehrer-Seminar im Januar wieder sehen und uns unglaublich viel zu erzählen haben.
Einen Pidgin-Sprachkurs im NMZ gab es und reichlich Länderkunde.
Jetzt bin ich "fertig vorbereitet" und es geht auf die große Reise, das Visum und die Flugtickets sind da. Die letzten Besorgungen werden gemacht, die Freunde verabschiedet.
Natürlich verlasse ich mein Hamburg, meine Familie und Freunde schweren Herzens, trotzdem überwiegt die Vorfreude auf das, was nun kommt.


Gute Freunde-mit anderen Freiwilligen des NMZ
Buenos amigos-con otros voluntarios del NMZ


Ya faltan solamente 9 días para que el viaje empiece! La alegría previa está creciendo cada día más y ya están terminadas las preparativas.
Participé en tres  campamentos hermosos con los otros voluntarios del NMZ, en los cuales nos hicimos una comunidad buenísima. 
Nos hicimos super buenos amigos y parece que nos conocemos hace años ya no por los 16 días de los campamentos nomas. Estoy feliz por tenerlos a los otros voluntarios para poder comunicar sobre todo y no estar sola con las preparativos ni con la experiencia que está por venir. Seguramente vamos a estar en buen contacto también durante nuestros viajes en todo el mundo y después de volver vamos a poder contarnos sobre todas nuestras experiencias en el "campamento de los que ya volvieron".
Aprendí un poco de la lengua de Papua Nueva Guinea - el "tok pisin"  y mucho sobre el país.
Ahora ya estoy lista para irme del viaje grande, la visa y los tickets del vuelo ya llegaron. Estoy haciendo las últimas compras, empezando a despedirme de mis amigos.
Obviamente dejo mi Hamburgo, mi familia y mis amigos con tristeza, pero la alegría previa por lo que va a venir está más grande.